Bemerkungen | Dokumentenabschrift: V 0058a
(1947)
Titelblatt
Forschen und Glauben
(Berlin 1947)
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Die über die Jahrhunderte sich hinziehen-
de Auseinandersetzung zwischen dem Geist
der forschenden Wissenschaft und der Welt des
Glaubens ist neuerdings in ein sehr überra-
schendes Stadium getreten. Unter den Wis-
senschaftlern ist es bekanntlich vor allem eine
(bzw. eine Gruppe) gewesen, von der die nach-
haltigsten und wirkungsvollsten Angriffe gegen
die Glaubensüberzeugungen ausgingen: das
ist die Naturwissenschaft, und zwar spezielle
in ihrer „exakten“, d. i. mathematischen Form.
Und nun hat neuerdings eben diese Wis-
senschaft, genauer gesagt: die Physik, eine
Entwicklung genommen, durch die sie nicht
nur veranlasst wurde, alle Angriffe auf die
Welt des Glaubens einzustellen (nicht nur
„Neutralität“), nein durch die sie sich aufgefor-
dert fühlte, geradezu als Vorbereitung und
Wegbahnung der Reliogion aufzutreten. Ba-
vink „Die Naturwissenschaft auf dem Weg zur
Religion“. Pascual Jordans Schriften. Plancks
Vorträge. Nernst’ Rektorratsrede. (Bavink S. 246)
Bavink S. 247. creatio continua!
Ich könnte mir die Sache erleichtern,
wenn ich den von der Naturw. angebotenen
Friedenssaluss im Namen d. Philosophie ak-
zeptierte und die Harmonie zwischen For-
schung und Glaube priese. Leider kann
ich das nicht, weil ich d. Überzeugung bin,
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das dieser Friedensschluss auf einem gründ-
lichen Selbstmissverständnis der Naturwis-
senschaft beruht, und weil ein Friede, der
auf einer so trügerischen Grundlage beruht,
Warnung an die Theologen, die freudig zugreifen!
schlimmer ist als ein Krieg, der die klare
Unterscheidung zur Grundlage hat. Nur
wenn sie in ihrer Verschiedenheit gesehen
werden, können die M |