Bemerkungen | 0001e-0001h - entnommen aus K. 3 (B.17,B.18, B.19, B.20) = Berichte über Vorträge
vgl. V 0319; Dokumentenabschrift: V 0001 a)
undatiert
Alte und junge Generation im heutigen Deutschland
1
Warum in einer Folge v. Vorträgen über den Staat
Gerade dies Thema? Weil unter den vielen Span-
nungen und Schwierigkeiten, die unser staatl.
Dasein belasten, der Gegensatz d. Generationen
Eine wesentliche Bedeutg. Hat – wie denn an-
dererseits im Medium d. polit. Auseinander-
setzungen des Verhältnis d. Generationen sich
Besonders deutlich ausprägt. Der Staat ist nun-
einmal u. a. auch das überdauernde Ganze
v. taten und Schicksalen, in dem die aufein-
anderfolgenden Geschlechter zusammen-
wirken, ist er der Bund der Alten und der Jungen
(so hat die Romatik ihn uns schon gelehrt)
Damit wir nun freilich den Zusammen-
hang der Generationen im Staat recht se-
hen können, müssen wir die herkömmliche
Betrachtungsweise wesentlich abwandeln. Seit-
dem das Interesse für das Leben der Jugend
so rege geworden (etwa seit der Jahrhundert-
wende), wurde es üblich, sich ihr so gegenüber-
zustellen oder sie so vor sich hinzustellen wie
einen zu erkennenden, zu analysierenden, zu
erklärenden „Gegenstand“. Man untersuchte
ihre Beschaffenheit, Eigenschaften und Verhaltens-
weisen, wie etwa d. Naturforscher eine Pflanze
oder ein Tier untersucht. Man nahm dabei,
wie das die Erkenntnishaltung verlangt, von
ihr Abstand, begab sich in die Haltung des
Hervorgerufen und
betrachtenden Vis a vis. Begründet wurde diese
Distanzierung durch einen besonderen Umstand:
2
durch die Andersartigkeit, die man an dieser
Jugend zu bemerken glaubte. Zusammen-
hang v. Jugendbewegg. und aufkommen-
der Jugenspsychologie. Die Jugend begann aufzu-
fallen, weil und sobald sie aus dem Rah-
men des gewohnten Daseins herausfiel. Die
eigenartig und abweichende Lebensform, die
man wollte anders sein!
da entstand und sich teilweise sehr kräftig
in gemeinsamer Besinnung u. Formung!
bemerklich machte, reizte den Erkenntnis-
trieb. So trat die ältere Generation in d. Haltung
des erkennenden Subjekts der Jugend als ihrem
Objekt gegenüber – und diese Relation konnte
dann sogar den Abstand vergrössern. Denn die
Subjekt – Objekt – Relation ist „Spaltung“! Und
dies um so mehr, als die Jugend im Grunde
zu der gleichen Haltung beigte: auch ihr wurde
die ältere Generation zum Objekt der Betrachtg.
und Prüfung, gleichfalls auf Grund stark
empfundener Andersartigkeit und mit
der Wirkg. Der sich vergrössernden Distanz. +)
Wie aber wirkt nun diese Distanzierung auf
das Lebensverhältnis der einander betrachten-
den Partner? ( ( jene schliesslich Nun aber
hatten ja beide Parteien an ihrem Gegenüber nicht
bloss einen Erkenntnisgegenstand; ihr Verhält-
nis erschöpfte sich nicht in d. Subjekt – Objekt –
Staltung. Sie stehen in einem Lebensverhältnis
Familie, Schule u.s.w.
v. höchst praktischer Art, innerhalb dessen
das pädagogische Motiv stark hervortritt, aber
nicht allein massgebend ist. (dies d. Unterschied
1) Eine „Erwachsenenpsychologie“ wäre als Gegenstück d.
„Jugendpsychologie“ denkbar gewesen!
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v. d. des Naturforschers, der mit sei-
nem Gegenstand reicht bloss in Erkenntnis-
relation steht.) Frage: wie wirkt jene erkennende
Distanzierung auf dies Lebensverhältnis? Da
sind manche Variationen möglich und ver-
wirklicht worden. Man kann den Gegenstand,
und als andersartig / erkannt
nachdem man ihn gemustert hat, bewundern,
„Anmassung“ „Rebellion“ „Kuriosität“!
missbilligen, kann ihm auch gleichgültig gegen-
überstehen. Bekanntlich hat die ältere Generation
gegenüb. D. Objekt Jugend alle von
der Verhimmelung bis zur schärfsten Ableh-
nung durchlaufen – die Jugend dem Objekt
alle Generationen gegenüber vorwiegend nega-
tiv geurteilt u. d. Alter hat die Prüfung schlecht
bestanden, seine Andersartigkeit ist = An-
fechtbarkeit, so dass die kritische Betrachtg.
vielfach in Absage einmündete. Die Älte-
ren konnten so selbst bei schärftster Missbilli-
gung nicht urteilen , denn sie fühlen sich
dieser Jugend durch die Pflicht der Erwachsenen,
zuhöchste die pädagogische Pflicht, gebunden.
Bei ihnen verwandelt sich die Betrachtg. Des Ob-
Jekts „Jugend“ in die Frage. Wie muss ich mit
diesem Objekt „verfahren“, wie muss ich es „be-
handeln“, damit das Missbilligte verschwinde,
dass Gewünschte an seine Stelle trete. Aber
auch der Bewunderer des gleichen Objekts konnte
nicht umhin, ähnlich zu fragen: wie soll ich
mich gegenüb. Diesem Objekt verhalten, damit
es seine Gestalt ungeschädigt entwickle? Kurz-
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um: aus der Subjekt – Objekt – Spaltung strebt
man hinüber in das pädagogische Lebens- und
Wirkensverhältnis. Wissenschaftl. Gesprochen:
Ich muß d. Objekt kennen, um es bearbeiten zu können
auf d. Jugendpsychologie baut sich die Jugend-
pädagogie auf. Einfacher macht es sich die
Gegenseite: d. <.... äusser> Ablehnung des
Objekts „Alter“ entspricht d. Verzicht auf jeden
Versuch der : eine „Erwachsenen-
pädagogik“ vom Standpunkt d. Jugend ist
nicht entstanden, obwohl sie grundsätzlich
von dem einmal eingenommenen Standpunkt
aus nicht undenkbar gewesen wäre.
Dies, wie gesagt, die Situation, aus der heraus
man das Verhältnis d. Generatio-
nen durchdacht und teilweise auch durchlebte.
Wollte auch ich meinen Vortrag aus ihr heraus
anlegen, so müsste ich icht v. zwei Genera-
tionen reden, sondern ich müsste als Vorrede d.
ältere Generation mir d. Jugend als Objekt
a) d. Erkenntnis und b) d. pädagog. Be-
b) handlung vor Augen stellen. Wenn ich nun
schon im Titel andeute, dass ich nicht so vor-
zugehen gedenke, so liegt dem die Überzeu-
gung zu Grunde, dass jeneAusgangssituation
schon in sich falsch gewählt ist, und dass man-
sche theoret. und prakt. Fehlshläge in dieser
grundsätzl. Fehlerhaftigkeit des Ausgangs ihren
Grund haben. Und vielleicht ist gerade d. Zu-
sammenhang d. Generationen im Staat besonders
geeignet, auf die rechte Blickrichtung hinführen!
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Ja: vielleicht ist gerade die heutige Lage uns.
Gemeinwesens ganz besonders geeignet, diese
Zusammenhänge ins rechte Licht zu rücken.
zunächst und im Allgemeinen – ist mein
Verhältnis zu lebensverbundenen Mitwesen
wirklich richtig gesehen, wenn ich es mit d. Subj. –
Objekt – Verhältnis gleichsetze? Ist der Mit-
mensch für mich ein „Gegenstand“ nach Art
eines Naturdings? Kann u. darf ich mich
von ihm in der Haltung des Betrachters distan-
zieren? Alle diese Fragen sind zum mindest
nicht vorbehaltlos zu bejahen! Denn die in-
nere Distanzierung, die betrachtende Reserve
widerstreben im Innersten dem Lebensverhäl-
nis, in dem wir beide verbunden sind. In mir
sträubt sich mit Recht etwas dagegen, wenn ich
d. Eindruck habe, das ich für mein menschl.
Gegenüber „Objekt“ werde. Ich habe das Gefühl der
indiskrete Betastung
Entwürdigung, der : es ist mir,
als würde mir eine tiefste menschl. Verpflichtg.
verleugnet *). Das echte Menschenverhältnis ist
Gegenseitigkeit, >Reziprorität> der Verpflichtung
und des Anspruchs. Dieses Verhältnis ist zer-
stört, sobald die eine Seite die andere zum
„Objekt“ der Sezierung herabwürdigt. Denn das Ob-
jekt ist in dieser Lage gewissermassen bloss lei-
dend, der echten Gegenwirkung beraubt. Es
muss sich wehrlos bespähen, betasten, durchwühlen
lassen. Das ist in d. Tat auch dann d. Fall, wenn
+) Beispiel: die angewandte , Tiefenpsychologie, Grapho-
logi u.s.w. „Entlarvende“ Ps.
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dieser nicht Tadel und Kritik, son-
dern Lobpreis folgt. Durch diesen würd. d. Verfahren
nicht seiner Anstössigkeit beraubt. Ein reifer und
wie ein Bild, ein Ge-
feinfühliger Mensch will sich nicht wie ein „Gegen
bäude, eine Landschaft
stand“ bewundern und preisen lassen. Dies al-
les gilt auch v. Verhältnis d. älte-
ren Generation zur Jugend. D. Jugendliche ist
nicht mehr das Kind, das sich, bei mangel-
haft entwickeltem Persönlichkeitsbewusstsein,
oder gern
widerspruchslos wie ein Objekt tadeln u. bewun-
dern lässt. In ihm reift ja gerade die Persönlich-
keit heran und damit d. Anspruch auf An-
sogar: besondere Empfindlichkeit bei Betrachtung, weil unsicher
erkennung des . So
unwillig wir Älteren werden, wenn wir v. d. Jun-
gen sezeirt, kritisiert, mit gön-
nerhafter Anerkenng. bedacht werden, so heftig
reagiert die junge Generation gegen entspre-
chende Behandlg. unsererseits. Selbst die vor-
behaltloseste Lobpreisung (Verhimmelung
der Jugend!) zeigt ihre schädl. Wirkung darin,
dass sie in d. Jugend d. Meing. zu Überbe-
wusstheit, Selbstbespiegelung, an-
masslicher Wichtigtuerei emporzüchtet. +) Dies
alles auf Grund d. tatsache, dass das echte
Lebensverhältnis d. Alten und Jungen durch
objektivierende Reflexion getrübt ist.
Aber noch eine zweite, ebenso grundsätzl. Er-
wägung verbietet die objektivierende Haltung.
Die Lebenssituation, in der sich beide Parteien befin-
+) Z.B. die Literatur üb. Sexualität u. Erotik, die eine über-
reizte Wachheit und d. Trieblebens !
7
den, macht die distanzierende, prüfende Hal-
tung zur Unmöglichkeit, bzw. zur Unwahrheit.
Denn alle zumal junge Generattion, die dergestalt
prüfend von einander Abstand nehmen, sind
ja in Wahrheit in einer Gemeinsamkeit des
u. d. / Verantwortung
Wesens, des Schicksals aneinander ge-
bunden, die diese Distanzierung unaus-
führbar macht. Die absolute Andersartig-
keit ist ja blosser Schein. Selbst bei der leiden-
schaftlichen Absage bleibt die Jugend Geist
spätere Geschlechter sehen das besser!
vom Geist der Zeit, in die sie hineingeboren.
Sie kann dies Teihaben so wenig verleugnen
wie die leibliche Eingliederung in die Folge der
Generationen. Aber auch die ältere Generation
hat ja diesen Geist so wenig aus sich geschaffen
wie die jüngeren. Wir alle atmen ja in einem
Klima v. geistiger , die <...> Ein-
zeldasein anzufangen und tragen; d. Geist
d. Jahrtausende hat in uns auf-
geschlagen. * Weil Jugend und Alter <..-
....> in einer Welt v. Gemeinsamkeiten
atmen, fehlen die Voraussetzungen jener radi-
Der Erkennende steht „ausserhalb“ d. Situattion d. konkreten Lage.
die Subjekt – Objekt – Haltung aktualisiert werden
könne. Im kleinen Masstabe das Gleich in d.
Familie: auch hier ein „Diapasus“ d. seel. Exist.
aus dem keiner sich radikal ablösen kann.
Diese Gemeinsamkeit d. Wesens aber ist zugleich
+) Staat ist grossartiges Beispiel dieses <....-
..>, wie die Romantiker wussten: Bund d. Genera-
tionen: Gegenwart geteilt mit Vergangenheit u. Zukunft.
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Wie früh <....> Jugend in sieheute hinein!
eine solche des Schicksals! Heute verspüren
gerade am u. im Staat!
wir das deut je. Der ungeheure Druck d. polit. – wirklch. „Situation“ presst die Seele d.
Alten wie d. Jungen. Wie sollte in d. Abwehr die
des Schicksals die Ruhe und Reserve objekti-
vierende Betrachtg. aufkommen. Wenn alte
und junge Menschen, an eine Planke ange-
klammert, im Ozean treiben, dann treibem sie
nicht aneinander psychologische Studien, son-
dern fügen sich dem gemeinsamen Schicksal ein
- bzw. wenn sie aneinander ihren <...> psychol. Scharf-
sinn üben wollten, würden sie sich dem Schicksal
wenig gewachsen zeigen.
Und aus dieser Gemeinsamkeit d. Schicksals
folgt die Gemeinsamkeit d. Verantwortung.
So lange man theoretisch forscht: was habt ihr
dort falsch gemacht, welchen Anteil d. Schuld
entfällt auf euch, weicht man aus dieser Ver-
antwortg. des eigenen Selbst in die
des anderen. Aber die Stunde höchster Gefahr
verbietet uns die Schuld <...> und die
schulmeisterliche Verrechnung d. Verantwortlich-
keiten, sie ruft Kraft, jeden Jungen und je-
den Alten, zur Verteidigung in Todesnot auf
die Schanze (Hier ist jede Kraft nötig – gerade
auch die verschiedenartige Kraft der Alten und
der Jungen. Diese haben den Trotz, das , die die hoffende Zuversicht – jene
die Verhaltenheit und Mässigung, das Warten-
können, die Besonnenheit (bzw. sie sollen sie ge-
ben)
(Empirische Bestätigung dieser Gemeinsamkeit:
Alte und Junge in d. Spanng. d.
Gegenwart. Werden sie nicht unter d. Druck d.
histor. Schicksals einander manchmal er-
staunlich ähnlich – Inhalt u. Form d. polit.
Kampfes z.B.: die expolsive Leidenschaftlichkeit
des Forderns und Verschliessens, die unbedingt-
heit des Glaubens, die fanatische Unduld-
samkeit des Verfolgens und Verneinens: al-
les dies sind doch Eigenschaften, denen wir von
den Ältesten bis zu d. Jüngsten hin in mach-
mal erstaunlicher Gleiförmigkeit beegn.
wo bleibt da d. Möglichkeit v. Reserve und Distan-
ziertheit!)
So wachsen Alt und Jung miteinander,
aneinander, anscheinende Weggenossen,
Talgenossen, gegenspieler – wie können sie
einander mit d. Kühle des erziehenden Be-
trachters nahetreten. Jede Betrachtg. d. Ju-
gend ist zugleich Selbstbetrachtung, jede
Kritik zugleich Selbstkritik, jede Verhimme-
lung zugleich Selbstverhimmelung. Wenn
es so etwas wie prüfende Betrachtg. hier überhaupt
gibt, dann ist die miemals Betrachtg. bloss
d. einen Seite, sondern zugleich rückwärts ge-
wandter Blick. Das Schiefe, und
Unart – Verleitende der einseitigen Betrachtg.
des Vis – a- Vis wird aufgehoben durch die
Einbeziehung der eigenen Position. Jeder Blick
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auf d. junge Volk ist Blick auf das geistige Ganze,
das uns alle umschliesst. Dies der Sinn
meines Themas: Besinnung auf den Lebens-
zusammenhang, der Alte und Junge bindet.
Nun aber hat diese Besinnung ja garnicht
bloss theoret. Absichten. Wie jene „objektivieren-
de“ Auffassg. Basis prakt. (pädagog.) Folgerungen
war, so geht es auch hier um die Gestaltg. eines
prakt. Lebensverhältnisses. Aber Sinn und Richtg.
d. Betrachtg. wandeln sich im Tiefsten. Dort handelte
es sich darum, zwei „Parteien“, die einander äusser-
lich nahstreben und voneinader „Kenntnis“
nehmen, auf Grund solcher Erkenntnis zu-
einander -, zusammenbringen – hier geht
es darum, zunächst einmal sich der ursprüng-
lichen, tiefliegenden Gemeinsamkeit zu ver-
sichern, die die „Parteien“ auch dann zu-
sammenhält, wenn sie nichts voneinander
wissen wollen, und nun von diesem Bewusstsein
des Ganzen aus das Verhältnis der einander
Gegenübertretenden zu bestimmen und zu
ordnen. Aus dieser das Ganze umfassenden
Besinng. ergeben sich dann erst die für beide
Teile, für Alte und Junge massgebenden
Folgerungen. Sie sind es nun, die ich zu
entwickeln versuche.
Wir beginnen billig mit uns, den Älteren, und
fragen uns: welche Haltung wird uns durch
eine Erforschung der konkret. nahe-
gelegt? Zuvorderst etwas Negatives: die Ge-
meinsamkeit der Sitation verbie-
tet es uns, der Jugend in derjenigen Haltung
gegenüberzutreten, die man früher vielfach
im Sinne hatte, wenn man d. Wort „Autori-
tät“ gebrauchte: in der Haltung, als ob wir im
Unterschiede v. d. Jugend im Besitz einer felsen-
festen Gewissheit und Zielsicherheit seien, als ob
die Jugend in dies. Hinsicht bei uns Anlehnung
11
suchen und finden könne. Ich meine das in
doppeltem Sinne: einmal: Gewissheit darin,
„wohin die Reise geht“ – mit d. Zukunft v. Kultur,
Gesellschaft, Staat usw. Wir segeln allesamt,
Alt wie Jung, ins Ungewisse. Wenn wir so tun,
als wissen wir d. Kurs, so glaubt uns das kein
Junger. Also bekennen wir uns zu Wagnis
und Ungewissheit! Aber auch in dem prinzipi-
ellen Sinn: wir haben keine Sicherheit des Norm-
bewusstseins, der Werthaltungen, der Weltdeu-
tung. Wir sind das des Übergangs und
Wandlung
der Umwertung mit allen Wagnissen, Gefähr-
dungen und Möglichkeiten d. Selbstvernichtg. –
aber auch mit aller Spannung und Erfüllt-
heit d. geschichtl. Stunde. Wir suchen im Dun-
keln d. Weg. Wenn wir Sicherheit des Wertbewusstseins
zur Schau tragen, so ist das Pose, im günstigen Falle
Selbstehrg. im schlimmeren Täuschung d. an-
deren. Warum heute d. gegen „<...alis-
mus>“ u. dgl.? Weil diese grossen Worte, durch Fest-
reden und Leitartikel abgenutzt, vielfach dazu
herhalten müssen, die innere Unsicherheit zu
maskieren. Hier tut Bescheidenheit und Nüch-
ternheit not und Absage an eine anspruchsvol-
le Phraselogie, deren Leere d. Jungen durchschaut
Schluss mit d. „“. Wenn wir
in Rede und Haltung uns als Suchende beken-
nen, werden wir uns aber mit d. Jugend finden,
als wenn wir die Überlegenheit des Wissenden mar-
kieren
12
Ungleiches hier. Forderung fühlt <.... ....-
...> u. verzicht auf autoritäre Überlegenheit?
d. älteren Generation?
Weit gefehlt! Nicht dies ist gemeint, dass die
alten Generation aufhören solle, sich als ein Beson-
deres im Lebenszusammenhang zur Geltung
zu bringen! Besinnung auf die Gemeinsamkeiten
auf v. Schicksal und Aufgabe ist nicht: For-
derung des Einerlei, Aufhebung aller Unterschie-
de. Im Gegenteil: gerade aus der Besinnung
auf das Ganze folgt mit Notwendigkeit die
Herausdifferenzierung der Sonderfunktionen.
<.... ....> hat die alten Generation die ihr vor-
behaltene, nur durch sie zu erfüllende Sonder-
aufgabe, nur dass diese Aufgabe ihr be-
sonderes, situationsbedingtes Gesicht hat! Und
es ist leicht zu zeigen, dass gerade diese besondere
Aufgabe heute v. d. älteren Generation weithin
übersehen und vernachlässigt wird.
Ich sagte soeben, dass Alte und Junge heute
einander vielfach so ähnlich seien. Frage:
diese Angleichung mehr in d. Richtung auf die
Jungen oder auf die Alten? Mir scheint, durch-
aus in d. erstern Richtung! Das, was in Kopf und
Herz d. Alten gegenwärtig vor sich geht, das, was sie
sagt und tut, wenn die grossen Lebensfragen zur
Diskussion stehen, erweckt manchmal d. Eindruck,
als habe d. Zustand d. Pubertät auf die Älteren
übergegriffen. Die Hemmungslosigkeit der Entladungen,
die Neigung zu gefühlartigen Explosionen, hinter
denen keine entsprechende Energie steht, die !
bilität>, die Wirklichkeitsentwandlung in Wünschen,
Hoffen und Fordern, die Labilität d. Seelenlage, das
Schwanken zwischen Extremen, den Radikalismus
des Forderns – alles dies sind doch typisch ju-
gendliche Züge, so dass eigentlich die Jugend
ihre helle Freude an diesen Köpfen
und aufwallenden Herzen haben müsste. Nun
ist ja leicht zu erkennen, worauf diese Anglei-
chung beruht: die ungeheure Unsicherheit und
Angespanntheit der Zeit versetzt gewisser-
massen alle Zeitgenossen in die seelische <...-
sphäre>, in der zu normalen Zeiten nur der
Jugendliche sich findet. Die Zeit fiebert sich in
fast hysterischer Erregtheit in einen neuen
Lebenszustand hinein (ein düsteres Seitenstück
der gleichfalls pubertätsartigen Renaissance –
Psychologie:) Aber trotzdem ist die Frage am Platze,
ob nicht eine ältere Generation, die sich so dem
Erregungszustande überlässt, gerade dadurch
den ihr zugewiesenen Anteil am Gesamtleben
vernachlässigt. Was soll uns eine über altete
jugendl. Seelenzustände. Gerade
tut die Besinng. auf die d.
Älteren not! Was ist der ihr abzufordernde Anteil
am Gesamtleben? Ein Anteil, den auch und
gerade die Gemeinschaft des Staates fordert?
Ich sehe das wahrhaft Tragische darin, dass
dieser in Pubertätszustände in
einer Gesamtsituation unseres Volkes und
Staates stattfindet, die diese Leidenschaft die
völlige und baldige Befriedig versagt und
14
versagen muss. Es will mir scheinen, dass
unsere Lage gerade die Tugenden und spezifi-
schen Haltungen des reifen Seins, der Männlich-
keit vor allem fordert. Heroische Taten grossen
Stils, Entladungen, die mehr sind als Stim-
menexplosionen, leuchtende <...> - alles der-
artige ist uns versagt. Die furchtbare Zwangslage
unseres Volkes einfach keinen Raum. Wir
sitzen in der Enge, und alles Aufbegehren hilft
nichts. Was tut in dieser Lage not? Zusammen-
gebissene Zähne, ausharrende Geduld, ein Wille
mit langem Atem, Selbstbemeisterung, Arbeit
unscheinbaren
auf lange Sicht, Genügen keinen, allmählichen
//<...> - lauter Dinge, an denen eine leidenschaft-
lich erregte Jugend es sich nie und nimmer
genug sein lässt. Lässt sich nun auch die
ältere Generation in den jugendl. Seelenzu-
stand hineinreissen, dann tritt ein völliges
Vacuum ein gerade an der seel. Energien, die
die Lage von uns fordert. Eine Zeit, die nach
den tugenden d. Reife verlangt, findet nur die
Wallung d. Jugend vor! Hier muss d. Alter
sich auf seine Aufgabe besinnen; hier liegt
seine positive Aufgabe: wenn wir als Ältere nicht
im Stande sind, die Wege des Schicksals zu se-
hen und die Ziele zu weisen, so müssen wir doch
die seelische Haltung pflegen und bewahren, ohne
die das Schicksal nicht bestanden und kein
Ziel verwirklicht werden kann. Mass, Besonnen-
heit, Zähigkeit, Geduld!
// Denke an Deutschland nach d. 30jähr. Kriege!
15
Und noch in einer zweiten Hinsicht sollen wir
mässigend auf die Bewegg. d. Zeit und auch der
Jugend einwirken! Der jugendliche Radikalis-
mus des Forderns. Bejahen und Vernei-
nen wirkt sich u.a. in einer besonders cha-
rakteristischen und verhängnisvollen
Form aus: als Fanatismus der Ablehnung
und Verhetzung des Andersdenkenden, als
Unduldsamkeit und Selbstgerechtigkeit. Man
erblickt im Andersdenkenden den bösen Feind,
Das Bild verzerrt sie zu höllischen Grimassen
ein satanisches Prinzip, das vertilgt werden muss.
Die Stimmung der Kreuzzüge, der Religionskrie-
ge lebt in solcher Unbedingtheit als Kehrsei-
te der Gläubigkeit. Wir können und sollen
diesen Fanatismus d. Abstraktion am jungen
Volk verstehen und verzeihen, weil er dem Le-
bensstande entspricht. Aber schlimm ist es,
wenn die Alten, statt dieser die Reife und Weltoffenheit des mass-
voll gewordenen Menschen ent-
gegen zustellen, sich in diese Wege der Wut
und des Hasses hineinreisen lassen. Gewis
ist der Handelnde, auch der erwachsene
Handelnde, „immer ungerecht“ (Goethe) Aber
es gibt doch neben dem Handeln auch die Besin-
nung. Und gerade die Sache der Älteren
muss es sein, dieser Besinnung Mass,
Gerechtigkeit und Sachlichkeit ihr Recht zu ver-
schaffen. Um es kurz und deutlich zu sagen:
in <...> Zeiten wie heute, sollen die Älteren
die Wächter und Hüter der „Humanität“ sein.
16
Humanität steht heute einzig im Kurse. Man
<...> sie kurzerhand = Humanitätsdusel und
meint damit: Willenlosigkeit, charakterlose
Indifferenz, schwächliche Duldsamkeit für
!
alles und jedes Tatenlosigkeit. Wenn echte
Humanität wirklich dieser ihrer Zerrform gleich-
käme, dann allerdings müssten wir Alten
uns hüten, den Gedanken d. Humanität zu
vertreten. Aber sollte wirklich alles das un-
wahr oder eine Vortäuschung sein, was unsere
erlauchteren Geister mit diesem Namen
bezeichnet haben? Und sollte wirklich das Le-
ben unseres Volkes im gegenwärtig Augenblick
das entstehen können oder gar als shädlich
Gift ausstosen müssen, was unser Jubilar
Goethe als Humanität verstand und lebte?
Man blicke hier auf die fanatische es verstehen, wenn die Jugend unter
dem furchtbaren Druck d. Aussichtslosikeit und
des Mangels wild um sich schlägt und den
Gegner nicht, an dem sie ihre Verzweifelung
abreagieren kann – aber wir Äteren dürfen es ihr
in d. <...losigkeit> d. Entladungen nicht
17
gleichtun! Unser Anteil ist: Mässigung,
Zügelung, Sittigung, bewirkt nicht <...>
Predigt, sond. durch die eigene Lebenshaltung.
Humor als wesentl. Humanität
In dem hier Ausgeführten liegt der In-
halt der „A....“>, die wir als Ältere
auch heute noch ein zusetzen haben: die
Autorität des reif gewordenen Menschen. eine
merkwürdige Umkehrung d. Rollen: dereinst
problemetisierte die Jugend die allzu selbst-
sicher gewordene Welt d. Alten – heute müss
die Alten die allzu selbstsicher (in sich ver
krampfte) Welt d. Jungen problematisieren d.
n. vor vorzeitiger Verhärtungen und Dogma-
tisierung schützen; <...> ein Kampf
für die Jugend! Und wir werden und müs-
sen mit dies. Einwirkg. Erfolg haben, weil die
zur Schau getragene Sicherheit d. Jugend nicht
echte, in sich ruhende Selbstgewissheit ist;son-
dern Verkrampfung, aus Nor und Druck
geboren, Flucht vor d. Qual d. Ratlosigkeit
und den Angründen des radikalen Zweifels, ja
der Verzweiflung.
Nun habe ich in Umkehrung d. alten Be-
trachtungsweise, nur wenig v. d. Jugend
und fast nur v. d. Alten gesprochen. Und
das ist <...> so. immerhin: was folgt aus d.
Würdigung d. Gesamtsituation f. d. Jugend?
Das kann kurz und deutlich gesagt werden.
18
Einmal: auch wir wollen nicht Objekt d. Jugend
sein, wollen nicht betastet, klassifizeirt, , mumificiert sein. Wir wollen das
Lebensverhältnis und die in ihm gegrün-
dete Sonderfunktion anerkannt sehen. Keine
historische Stunde und am wenigsten die
jetzige kann die Kooperation der Genera-
tionen entbehren. Die Stunde hat uns
alle nötig, und wir haben ein ander nötig
Die Jugend gebe und d. , die Zuver-
sichtheit, den Idealismus eines Wollens,
das sich niemals d. Umständen beugt, die
Lebensfrische u. d. Lebensmute – und sie
nehme von uns die ausharrende Geduld, +
die Mässigung und die weltoffene
Menschlichkeit. Dann, aber <...> nur dann
werden wir zusammen die weltgeschichtl.
Probe bestehen!
+ Verhaltenheit, Warten können, Selbstsucht.
V 0001 b)
undatiert
1
Variationen.
Altes und neues Problem!
„Jugendbewegg.“ Programmation u. Organisation.
Subjekt – Objekt – Spaltung. Parteien.
Denken „in Generationen“. „19. Jhdt.“
Aktivismus u. Politismus verschärfen. In und ausser
Familie. „Weg mit d. Alten“. Schuldfrage.
Kritik: Bedenklichkeit d. Subj. Obj. Spaltung über-
haupt. „Tiefenpsychologie.“ Besonders im Verhältn.
z. Jugend – auch bei Lobpreis! Überwache Reflexion.
Sexualität:
Unwahrheit d. Subj. – Objekt Spaltung. Zerstörg. des
Lebensverhältnisses
keine „Ablösung“!
Anteil jeder Alterstufe Gegensatz ist Ausdruck d.
Gemeinsamkeit ! Kontinuität in d. !
Gemeinsamkeit der überdauernden „Wahrheiten“,
Aufgehobensein der Vergangenheit.
Gemeinsamkeit des Wesens! Väter und Söhne
19. Jhdt.
„Krisis“
Gemeinsamkeit des Schicksals. Der histor. Wandel
geht durch alle hindurch! Die Fraglichkeit u.
Unsicherheit d. Lage (Vorgesiegelte Sicherheit)
Gemeinsamkeit der Verantwortung. Keine Schuld-
schnüffelei: alles auf d. Schanze!
2
Verteilung d. Aufgaben. Die Lage verlangt d. Tu-
genden d. Reife u. d. Trotz d. Jugend.
Jugend: Aufbegehren gegen d. Druck d. Not.
Verzeihlich die Leidenschaft d. Kampfes. „Abrea-
gieren“. Aber: die ist pubertätswidrig! Hier
müssen d. Alten einspringen!
Geduld, Zähigkeit, Selbstzucht.
Mässigung d. polit. Feindschaft.
Leider zu oft d. Gegenteil. Intentilismus.
Folge: die >Religions....timung>, die „Kund-
gebung“, die Verpöbelung.
„Humanität“. Goethejahr!
Humor.
„Geist“ gegen „Barbarisierung.“ Problematik
wach halten!
„Idealismus“ nicht nur Fassade!
Dies die „Autorität“ d. Alten. Weder frucht-
barer Protest noch Nachlaufen. Weggenossen!
V 0001 c)
undatiert
1
Spanng. zw. d. Generationen. Staat = Generationen-
gemeinschaft.
Änderung d. Betrachtungsweise. Jugend „Objekt“.
Abstand. Andersartigkeit. Jugendbewegg. und
Jugendpsychologie. „S. O. – Spaltung“
Gleiche Haltung d. Jugend „Erwachsenenpsychol.“
Aber: diese Parteien stehen im Lebensverhältnis!
Variationen: Bewunderung, Indifferenz, Verurteilg.
Bei d. Jugend: Kritik!
Die Alten haben pädagog. Pflichten: wie „behandeln“?
Jugendpsychologie als Basis d. „Jugendpädagogik“
Erwachsenenpädagogik blieb aus.
Mein Thema entspricht nicht dieser Haltung. Fal-
sche Ausgangssituation. Gerade am Staat zu
demonstrieren! Zumal heute
I ) Allgemein: ist Lebensverhältnis = S. O. – Relation?
Distanzierg. u. Reserve !Ich will nicht „Objekt“ sein
Beispiele. Gegenseitigkeit. Objekt ist „leidend“. So / doppelt unterstriche = rot
auch wenn Lobpreis folgt.
O auch im Verhältnis zur Jugend, gerade
wegen reifend-unsicherer Persönlichkeit. Selbst
Lobpreisg. zeigt schädl. Wirkg. Beispiele: „Erotik
und Sexualität“. Selbstbespiegelung
II ) Zweitens: die Lebenssituation. Der Betrachter
steht draussen“. Hier aber: Gemeinsamkeit.
1) des Wesens. Selbst bei leidensch. Absage Zu-
sammengehörigkeit. Leiblich und seelisch. Klima“
Geist d. Jahrtausende Staat! „Gegenwart“. Daher keine
„Spaltung“.
2
2) des Schicksals. Heute gerade am Staat deutlich.
Planke im Ozean!
3) der Verantwortung. Nicht Schuldschnüffelei, son-
der: alles auf die Schanze!
Reifen aneinander und miteinander. Wegge-
nossen. Daher meine Themafassg!
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Praktische Absichten dies. Selbstbestimmg.
Geänderte Richtung. Nicht: zwei Parteien zusam-
menbringen, sondern: aus Gemeinsamkeit heraus-
differenzieren. Welche Folgerungen?
Beginn m. d. Älteren. Negativ: Verzicht auf
eine bestimmte Art v. „ Autorität“, Gewissheit in
doppeltem Sinne. Kein „Idealismus“, grosse Worte
„Führertum“. Suchende Geschlecht d. Übergangs
Einwand: Selbstausschaltung d. Alten?
Keine Einerleikeit! Situationsbedingte Sonder-
aufgabe d. Alten, heute weithin verkannt!
I Ähnlichkeit d. Alten und Jungen in Richtg.
| auf letztere. Pubertät. Labilität, <...stabilität>, mit | gekennzeichnete Zeilen =
| Hemmungslosigkeit, phantastische Wirklichkeitsfremd- mit einer großen Klammer verbunden
| heit, Radikalismus. Folge der Zeitlage. Der Ju-
| gend zu verzeihen. Auch d. Alten? Gerade im
| Staat zeigt sich ihre Sonderfunktion!
|
| Tragisch: Pubertätszustände in pubertätswidri-
| ger Situation. Diese verlangt die Tugenden des Reifen,
| der Männlichkeit. keine heroischen Entladungen
| in uns. Zwangslage. zusammengebissene Zähne
(30 jähr. Krieg!) Das ist nicht jugendlich.
Dies die d. Älteren. Erfüllt?
3
II Zweite Form d. Mässigung: Radikalismus ist
Fanatismus des Verdammens, Unduldsam-
keit. Kreuzzug, Religionskrieg. Höllische Grimmas-
se. Dem jungen Volk zu verzeihen. „Abreagieren“.
Aber auch d. Alten? Zwar d. Handelnde ist stets
„ungerecht“. Aber er gibt auch: Besinnung!
Humanität (Goethejahr) Nicht die Zerrform!
Siehe unser Volksleben. Und dazu: Humor!
Dies ist unsere „Autorität“, die wir leben
müssen. „Problematisieren“ ist heute uns. Sache!
Gegen Verkrampfung!
Und die Jugend? Auch wir wollen nicht
„Objekt“ sein. Wir Trotz, Mut, Frische – Besonnenheit, Mass, Ge-
duld.
Dies d. histor. Stunde!
V 0001 d)
1932
Umschlag:
Alte und junge Generation
(Rundfunk 1932 Berlin)
1
Ewigkeit des Generationen-Gegensatzes. Wandel d.
kulturell. Lebens verzichts. besonders in d. Ablösung
d. Generationen.
Wesentliche Verschärfg. seit 3 Jahrzehnten. Grund all-
gemein: Krisis d. Kultur“. die bes. d. Jugend d. Seele
erregt ( Pubertät als Kultur – Auseinandersetzg.) Speziell:
1. Jugend schliesst s. durch Organisation und
Selbstverarbeitg. zusammen. Jugend wird Programm.
„Jugendkultur“. Kollektive Kritik an d. Kultur und an
d. Erwachsenen als Träger dieser Kultur. Die alten Gene-
ration wird „objekt“. Notwendiges Seitenstück: die Jugend
wird Objekt, weil sie sich so abhebt, eine eigene „Lebens-
form“ wird. Es entsteht: „Jugendpsychologie“. Zwei Partei-
en. Dies die Lage bis etwa Mitte des 3. Jahrzehnts.
Abermalige Verschärfg. seit dem! Die „Jugendbeweg.“ war
in ihrer kritischen Haltg. vorwiegend . Sie
ging dem aus d. Wege. Eine literarische Revo-
lution, utopisch-romantisch. Nun abern der Pendel-
schlag hinüber zum aktivis Realismus und Aktivis-
mus . Der war bis dahin mehr Sache der proletar. Ju-
gend gewesen. Jetzt auch d. bürgerl. Jugend davon
ergriffen. Ablehng. v. Romantik, Problematik, Kultur-
flucht: zur Tat, hinein ins moderne Leben, die Welt
Beschränkung
verwandeln! Das bedeutet: <...> Eintauchen, Grundlich-
keit, Vereinheitlichg. zwecks Stosskraft, gegen allen Indi-
vidualismus („Liberalismus“) Einigung mit d.
stärksten Realität, der Politik, unter freudigsten Ent-
gegenkommen der Parteien. Aufsteigen d. polit. Jugend-
träume. Werbung und Seelenfang im zarteren Alter.
Für das Verhältnis d. Generationen war dies
in den Falle ohne Gefahr, wenn alte und junge Men-
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schen am selben Strang zogen. Das war aber oft nicht d.
Fall. Dann aber strömt in den gegensatz die Lei-
denschaft des Poltischen ein. Vor allem aber: jene d. Generationen im Ganzen nehmen sie Form
d. politischen Gegensatzes an. Man dachte nur noch
„in Generationen“. Jede Generation hat, wie sich sie biolo-
gisch nur ihre Lebensziel ausfüllt, es auch „ihre“ Wahr-
heit, „ihre“ Sittlichkeit, „ihre“ Politik. Ist ihre Zeit abgelau-
fen, so ist dies alles eben auch erledigt, und an
seine Stelle hat die „Wahrheit“ der jungen Generation
zu treten. Schon die Jugendbeweg. hatte so vom „19.
Jhdt.“ gesprochen. Jetzt bekommt alles, was v. d. älte-
ren Generation stammt, d. Stempel „erledigt“ aufge-
prägt. „Wir sind an d. Reihe!“ Bejaht werden nur die
Alten, die bereit sind, d. neuen Kurs zu bejahen.
Widerspruch dies. Parteiung zur Wirklichkeit jeder
und ganz besonders unserer deutschen Lage. Kultur
(wie Wachtposten!)
bebt nicht so, dass die Generation ein ander „Ab-
lösen“, sondern sich ständig „überschneiden“. Biolo-
gische und kulturelle Kontinuität. Alle Alterstu-
fen leben zugleich. Und alle haben ihre besondere
Funktionn im Ganzen d. Kultur. Es ist ungesund,
wenn irgend eine Stufe verkümmert od. zu kurz
kommt. D. Gegensatz d. Generation ist <....> an
ihrem Zusammenspiel. Heute mehr denn je! Ge-
meinsamkeit a) des Wesens als Kontinuität im Wandel
d. Generationen, f. jeden histor. Rückblick bemerkbar. Sie
biergt die „Wahrheiten“, die d. Wandel d. Generationen überle-
gen sind (gegen die falsche Relativierg. v. Wahrheit, Sittlich-
keit, Politik u. dgl.) – b) des Schicksals u. d. Verantwor-
tung. Niemal so wie heute! Sie ist Gemeinsamkeit
d. <...> Unsicherheit und Gewagtheit d. „Krisis“ (über die
sich d. Jugend mit forcierter Zuversicht, Gläubigkeit
zu täuschen sucht.)
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tät trägt die „Wahrheiten, die d. Wandel der gene-
rationen überlegen sind. Falsche Relativierg. v. Wahr-
heit, Sittlichkeit und dgl.
In dieser Kontinuität ist auch die Aufgabenverteilg.
Krisis“
d. Generationen begründet. Etwa in d. heutigen Lage:
das stürmische Aufbegehren, der hektische Trotz,
das gläubige Vertrauen: das sind d. geforderten Reak-
tionen d. Jugend. Aber können sie alles machen?
Verlangt die Lage nicht auch andere Tugenden?
Besonnenes Urteil, Weisheit und Mässigung, aus-
harrende Geduld, Planen auf weite Sicht, Wille
v. langem Atem – dies alles sind die v. d. älteren
Generation geforderten Beiträge. Und vor allem einzu-
sehen, dass Deutschlands Kulturell, geistige Tra-
dition nicht abbricht! Der moderne „Aktivismus“
diese Überlieferung z. grossen Teil. Er will „un-
unkompliziert
geistig“ sein, um stark sein zu können: primitiv und
heldisch. Aber eine solche gewollte
läuft auf gewollte Barbarei hinaus. Unendl. Ab-
stand zwischen gewollter und naiver Primitivität.
fehlt die „Unschuld“ – sie trägt d. böse Ge-
wissen und d. üblen Instinkt d. Spätzeit in sich.
Gew D. Schäden d. Geisteströmen nicht d. Ungeist.
sond. nur d. Geist überwunden werden. Hier muss
die ältere Generation als Wahrerin d. Überlieferg. auf
d. Posten sein.
Ist sie so? Notwendige Frage d.
nebst <....> an die andere: Ich finde, d. Auf-
stand d. Jungen ist z. Teil darauf zurückzuführen,
dass es d. ältere Generation ihren Anteil am Gesamt-
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kein Zutrauen zu ihrer Sache!
leben d. Kultur nicht überzeugend genug zu vertre-
ten wusste. innere Unsicherheit kann sich so wohl in
kraftlosen Protest gegen die Jugend als auch in
kritiklosem Nachlaufen hinter d. Jugend zeigen.
An beiden hat es sowohl z.Zt. d. Jugendbewegg. als
auch heute nicht gefehlt. Nichts nimmt dem Alter
sicher den Einfluss auf d. Jugend als – ein krampf-
Nicht d. Anschluss verlieren!
haftes Jung-sein-wollen ! Es ebent damit genau
so wie mit d. gewollten Barbarei: „Grimmasse, Karri-
katur“. deshalb Apell an die Älteren „Sei sel-
ber“! Mass, Reife, innere Kultur, echte Humanität.
Einer älteren Generation, die in diesem Sinne „alt“
ist, wird d. Jugend auf d. Dauer nicht in Ab-
lehnung gegenüberstehen. |