Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Mein hochverehrter Herr Kollege Litt, ich schriebe
gern gute Reime, weil der Verse Schritt ich liebe.
Doch es gelingt mir selten nur ein rein Geschüttel;
es wird zumeist ein allzu lockres Scheingerüttel.
Nicht ist fürwahr ein regelrechtes Reimen leicht,
wo das Talent doch nur zum Verseleimen reicht.
Mit scharfem Messer wussten Sie, Herr Litt, zu schneiden.
Die Professoren hatten manchen Schnitt zu leiden,
die gute Unterweisung zwar in Logik geben,
doch auf dem Kriegsfuss mit der Pädagogik leben.
Sie mussten viel von Ihrem Spott, Herr Litt, etragen.
Wollt' Gott, dass sie bei solchem Geistestritt erlagen!
Mir kommts nicht an, mit solchen Leuten mitzuleiden;
nur eines gibts für diese: Sie, Herr Litt, zu meiden.
Doch hat, was kaum dem dunklen Heraklitt gelungen,
die Güte doch durch allen Streit, Herr Litt, geklungen.
Des Abends aber schwammen Sie, Herr Litt, im Nachen
des Frohsinns. gern erklomm man den Zenith im Lachen.
Verschämt gestanden Sie: "In meinen Jugendtagen
tat ich in Godesberg nach trunkner Tugend jagen.
Die Nächte sahen mich den Kult des Schönen treiben."
Doch dies auch sei gelobt, weil es uns edel scheint,
in jenem Geiste, der Sie mit Weischedel eint.
In memoriam 27./28.Juli 1951
gez. Wilhelm Weischedel; von: Weischedel, Wilhelm an: Litt; Ort: Tübingen |