Bestand:Privatarchiv Litt, Theodor
SignaturNA Litt, Theodor B 1-0647
TitelBrief von: Litt (Leipzig ?) an: Körte
Enthälths; Brief 1 Blatt A4 - Kopie; wahrscheinlich Konzept; oben mit Bleistift "Original bei Rudolf Litt" vgl. B1-0718
Zeitvon1933
Zeitbis1933
BemerkungenDokumentenabschrift: Brief an Körte vom 3.3.1933. Sehr verehrter Herr Kollege! Heute erhielt ich die Erklärung deutscher Hochschullehrer zur Reichstagswahl. Ich möchte Ihnen als dem Ältesten der Unterzeichner sagen weshalb ich es ablehnen muss meinen Namen unter die besagte Erklärung zu setzen. Das Begleitschreiben stellt die Sache so dar, als handle es sich darum, dem Reichspräsidenten das Vertrauen zu bezeugen. Aber das Wesentliche liegt doch darin, dass der jetzigen Regierung das Vertrauen ausgesprochen wird. Nun braucht hier über Wert und Aussichten dieser Regierung nicht gesprochen zu werden. Ich zweifle nicht an ihrem guten Willen und wünsche ihr die besten Erfolge. Aber die Behauptung, dass diese Regierung "über alle Parteiinteressen hinweg" handle, scheint mir von Unkenntnis der wirklichen Lage zu zeugen. Auch diese Regierung ist Regierung einer bestimmten Parteikombination, mag sie auch das "Nationale" als Monopol für sich in Anspruch zu nehmen. Indem eine Gruppe deutscher Hochschullehrer für diese Regierung votiert, votiert sie für eine bestimmte Parteikombination. Nun ist es ja nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht jedes Hochschullehrers, im politischen Kampf Stellung zu nehmen. Als bedenklich aber ist es mir von je erschienen, wenn Hochschullehrer in coppore und vor der Öffentlichkeit sich für eine bestimmte Regierung oder Parteigruppierung aussprechen. Sie ziehen damit in den Augen der Allgemeinheit die Hochschule in die Auseinandersetzung der Parteien hinein und befördern damit die Entwicklung, der nach Kräften entgegen zuwirken im Interesse unserer Lebensaufgabe und auch im Interesse unseres Volkes läge. Üben wir in dieser Hinsicht nicht Zurückhaltung so dürfen wir uns nicht wundern, wenn jeder Wechsel der politischen Lage den neuen Machthabern Veranlassung gibt, durch kräftige kräftige Eingriffe dafür zu sorgen, dass die von Seiten der Hochschule zu gewärtigenden "Erklärungen" den ihnen genehmen Inhalt haben. Über eine bestimmte Nebenwirkung werden sich die Verbreiter des Aufrufs vermutlich auch nicht klar geworden sein. Diejenigen, die wie ich aus grundsätzlichen Erwägungen die Unterschrift verweigern, werden ohne Zweifel prompt von den an der Sache interessierten Kreisen als "national unzuverlässig" gebrandmarkt werden. Damit ist eine Zweiteilung der Professorenschaft, auf die gewisse studentische Kreise ohne dies äusserst erpicht sind, indirekt von Seiten der Professorenschaft selbst sanktioniert worden.; von: Litt an: Körte; Ort: Leipzig ?