Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr Jónasson!
Es war gut, dass Sie nach langer Pause - im Gefolge Ihrer lieben Frau - den Faden wieder angeknüpft haben. Wir haben doch nicht umsonst in Sturmeszeiten zusammengestanden!
Aus Ihrem Brief ersehe ich, dass Sie es mit sich und dem Leben nicht leicht gehabt haben. Wenn ich vernehme, dass Sie so ungefähr auch zum Häuserbauer geworden sind, dann wundert es mich nicht, dass Ihnen die Dinge manchmal über den Kopf gewachsen sind. Man kann auch des Guten zu viel tun. Ja, auch die in gewisser Hinsicht so schützbare Selbstkritik kann das gesunde Mass überschreiten. Ich kenne Sie genug, um zu wissen, dass Sie nicht der Mann sind, Undurchdachtes und nicht hinlänglich Begründetes dem Papier anzuvertrauen.
Wenn Sie, Ihrem Wunsche entsprechend, wieder nach Deutschland kämen, dann würden Sie sich wieder inmitten eines Volkes befinden, das sich zwar äusserlich wieder ganz gut herausgemacht hat (wenigstens im Westen), aber innerlich noch nicht zu dem wünschenswerten Gleichgewicht durchgedrungen ist. Es ist nicht leicht, Deutscher zu sein.
Mir Sigrun und Bjorn in ihrer jetzigen Ausgewachsenheit vorzustellen fällt mir schwer. Und sehr betrübt es mich, dass Ihre liebe Frau zu leiden hat. Es ist der Pein reichlich viel in der Welt. Ohne etwas Heroismus geht es nicht. Ich bin dankbar, dass ich mit meinen 75 Jahren noch tätig sein kann. Ohne das würde ich durch mein häusliches Leid erdrückt werden.
Ich bin mit allen guten Wünschen bei Ihnen und Ihren Lieben und grüsse Sie alle herzlich.
Ihr Th. Litt; von: Litt an: Jónasson, Matthias; Ort: Bonn |