Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr v. Braubehrens!
Ein Geburtstag ist wirklich eine schöne Sache, wenn er Anlass wird, dass die alten Freunde von ihrem Ergehen Bericht erstatten. Man erhält so ein buntes Bild vom menschlichen Treiben. Lassen Sie sich sagen, dass Ihr Brief seinem Inhalt nach zu den erfreulichsten gehört! Ich gratuliere Ihnen herzlich, dass Sie endlich trotz aller Hemmungen zu einer festen Position durchgedrungen sind. Darin liegt doch auch eine sehr ehrenvolle Anerkennung des von Ihnen Geleisteten, und das ist schliesslich die Hauptsache.
Die Leipziger Zeit, an die Ihr Geburtstagsbrief, ist auch mir in der Erinnerung oft gegenwärtig. Sie treffen den Nagel auf den Kopf, wenn Sie von der "Schrecklichen und schönen Zeit" sprechen. Was wäre aus uns geworden, wenn es uns beschieden gewesen wäre, in einer völlig sturmfreien Epoche gemächlich unsere Tage zu verbringen! G. von Lefort hat darüber sehr schöne Worte geschrieben.
Sie nennen den Regierungsrat einen "kleinen Fisch". Das ist er ja vielleicht, aber auch hier muss man vergleichen und sich davon überzeugen, wie viele in unseren verworrenen Verhältnissen darum ringen, überhaupt einmal Boden unter die Füsse zu bekommen.
Das Schicksal des armen Schmutzler hat natürlich auch mich sehr erregt. Ich habe mich in einem Eingesandt der Frankfurter Allgemeinen über ihn als Person geäussert. Mehr kann man ja nicht tun. Ob jetzt endlich den "Versöhnungs"aposteln die Augen aufgehen werden? Vielleicht kennen Sie den in Würzburg residierenden "Frankfurter Kreis", der in der Verharmlosung des Unerträglichen Beträchtliches leistet. An der Spitze die Professoren (!) Schneider und Ranhut.
Meine Frau - in deren Zustand sich nichts geändert hat - lässt der Ihrigen für ihre freundliche Karte herzlich danken. Und wir drei gedenken Ihres Trifoliums in alter Freundschaft und mit allen guten Wünschen für 1958.
Ihr Th. Litt; von: Litt an: Braunbehrens, Hermann von; Ort: Bonn |