Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr v. Braunbehrens!
Sie haben mich durch Ihren ausführlichen Bericht sehr erfreut. Er ergänzte sich auf schönste mit dem, was mir Ehepaar Steger vor einer Woche bei der Durchreise durch Ulm berichtete. Und vielleicht wird mir auch demnächst ein Wiedersehen mit dem Kleeblatt v. Braunbehrens beschieden sein. Voraussetzung ist, dass Sie am 8.9. nicht gerade auf Reisen sind. An diesem Tage komme ich nämlich auf der Rückreise von Wien durch Regensburg und würde, wenn es klappt, ein paar Stunden unterbrechen.
An der Echtheit des Ereignisses vom 17.6. habe ich nie gezweifelt. Und dass spontane Erhebungen dieser Art in der Hingerissenheit durch ein aufflammendes Grundgefühl es an der Abschätzung der Kräfteverhältnisse fehlen lassen - das kann doch wohl nicht anders sein! Was diese Erhebung, aufs Ganze gesehen, bedeutet hat - das abzuschätzen ist es heute zu früh. Dass eine "verantwortliche Führung und ein planen der Wille" fehlte, das gehört doch wohl zum Wesen solcher Aufwallungen, und gerade darin bezeugt sich ihre Echtheit.
Das Schicksal von Schmutzler hat auch mich tief ergriffen. In ihm war, wie ich weiss, ein echter Märtyrerwille. Er hat sich aus den Greueln der Nazizeit in den christlichen Glauben geflüchtet. Die Anschrift seiner Frau habe ich bisher noch nicht erkunden können.
Es freut mich, dass Sie sich mit Weinstock angefreundet haben. Ich war noch am Montag gelegentlich einer Frankfurter Veranstaltung mit ihm zusammen. Wir hauen in der Tat in diesselbe Kerbe, nur das ich mich mit meinen Begründungen mehr im Weltlich-Diesseitigen halte. Ich kann nicht so entschieden lutherisch denken wie er.
Wie sehr würde ich mich freuen, wenn Ihre Position sich in der in Aussicht stehenden Weise verbesserte! Sie haben in der Tat Anspruch auf günstigere Arbeitsbedingungen. Zum Troste: die im Schulamt Stehenden stöhnen genau so und mit Recht über unerträgliche Überlastung. Die "Hatz" ist heute der normale Lebenszustand.
Bitte schreiben Sie mir gelegentlich, wie es mit dem 8.9. steht, und seien Sie mit Ihren Lieben gherzlich gegrüsst von Ihrem Th. Litt.
Gerade kam ein neues englisch geschriebenes Buch von Kroner; von: Litt an: Braunbehrens, Hermann von; Ort: Bonn |