Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr v. B.! Seit Wochen sitze ich bis an den Hals in Arbeit. Die Eröffnung der Universität, die endlich stattgefunden hat, hat unendliche Plage und sehr, sehr viel Ärger und Pein mit sich gebracht. Daher nur eine Karte als Antwort auf Ihren Brief vom 24.1. In dem gesamten Bildungswesen sieht es trostlos aus. Und während auf allen Seiten bescnitten und abgebaut wird, sollen die Universitäten neue "pädagogische Fakultäten" aufmachen, die nicht weiter sein werden als Anstalten für Gesinnungstrill. Es scheint, dass Gadamer und ich dahin hinüber wandern sollen. Das wird ein neuer Kampf werden. Dass Kippenberg um Sie bemüht ist, freut mich zu hören. Wie weit es möglich sein wird, den Verlag hier wieder ordentlich in Gang zu bringen, ist schwer zu sagen. Jedenfalls geht alles unendlich langsam vorwärts. Ob ich in Leipzig bleibe? Ich weiss es nicht. Einstweilen steht die Frage, ob und wie man seine Sachen mit nehmen kann, beherrschend im Vordergrund. Was es heisst, sich von ihnen zu trennen, wissen Sie nur allzugut. Mit seinem Plänemachen sitzt man jeden Augenblick fest. Es hilft nichts anderes als im Augenblick da, wo man gerade steht, tun, was man tun kann. Sehr gespannt bin ich auf Ihren Bericht über die Münchener Konferenz. In vielen jungen Köpfen sieht es wüst aus. Torheiten kommen immer wieder vor. Sehr überraschend, was Sie von Jünger schreiben. Wir sind von alledem abgesperrt.
In der nächsten Woche hoffe ich endlich im Eichwinkel einmal hereinschauen zu können. Bis jetzt ging diese Absicht in atemloser Hetze unter. - Kennen Sie Eggebrecht persönlich? Wir kennen seinen Vater, den früher in Leipzig tätigen Arzt. Er ist neuerdings durch betrunkene Russen schlimm zugerichtet worden.
Seien Sie mit Ihrer lieben Frau recht herzlich gegrüsst von
Ihren A. und Th. Litt; von: Litt an: Braunbehrens, Hermann von; Ort: Leipzig |