Bestand:Privatarchiv Litt, Theodor
SignaturNA Litt, Theodor B 1-0490
TitelBrief von: Litt (Leipzig) an: Braunbehrens, Hermann von
Enthältms; Brief 1 Blatt A5
Zeitvon1944
Zeitbis1944
BemerkungenDokumentenabschrift: Lieber Herr v. Braunbehrens! Wie bedrückend, gleich bei der Rückkehr erfahren zu müssen, daß bei Ihnen eine ganz ähnliche Komplikation eingetreten ist, wie bei unserem Jungen. Wir haben es ja mit eigenen Augen gesehen, wie alles dies auf die leibliche und die seelische Gesamtverfassung wirkt. Mag man sich noch so oft sagen, daß ja jenseits dieser Pein die Genesung winkt, so hat doch immer das Gegenwärtige eine furchtbare Macht, mit der der Gedanke an das Künftige schwer konkurrieren kann. Und wo schon der Gesunde Mühe hat, den Willen zur Selbstbehauptung rege zu erhalten, da muß dem Schmerzgepeinigten das Leben erst recht mehr als fragwürdig erscheinen, Trotzdem - gerade wir, die wir von vorne herein gegenüber dem Geschehenden die bekannte Stellung eingenommen haben, gerade wir haben vor uns selbst die Pflicht, uns nicht unterkriegen zu lassen. Denn sonst würden wir ja hinter den "anderen" gerade in dem zurückstehen, worauf sie sich selbst so viel zu gute tun: in der "Härte" des Willens. Aber auch wir "wollen nicht kapitulieren" - in unserem Sinne verstanden. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß Sätze dieser Art genau so an mich selbst wie an Sie gerichtet sind. Man muß sich gegenseitig stark zu machen versuchen. Nun aber etwas über die nähere Zukunft! Wir haben jetzt die Möglichkeiten und die Schwierigkeiten der Reise ins östliche Sudetenland kennen gelernt (meine Rückreise dauerte 18 Stunden) und überlegen nun, wie wir im Dezember eine Kombination mit einem Aufenthalt in Bautzen möglich machen könnten. Und da scheint es, daß die Sache sich machen ließe, wenn Sie uns in einem Bautzener Hotel rechtzeitig ein Zimmer bestellten. Vorläufig haben wir für diese Reise den 8. bis 12. Dezember ins Auge gefaßt. Wir würden dann in der Nacht des 12. in Bautzen bleiben und Sie am Morgen des 13. besuchen. Mittags ginge es dann weiter nach Leipzig. Das ist natürlich Zukunftsmusik. Denn wir haben den Eindruck, daß die Reiseschwierigkeiten sich rapide steigern. Aber man muß wegen der Schwierigkeiten der Verständigung schon sehr zeitig mit den Überlegungen anfangen - deshalb trage ich Ihnen die Sache schon jetzt vor. Näheres werden Sie so rechtzeitig hören, daß Sie noch ein Hotelzimmer für uns belegen lassen können. Einstweilen herzliche Grüße und alle gute Wünsche von uns beiden! Ihr gez. Th. Litt; von: Litt an: Braunbehrens, Hermann von; Ort: Leipzig