Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Sehr verehrter Herr Professor Litt!
Bei meiner Zusage zur Einladung nach Siegburg hat die Aussicht, Sie zu sehen und mich Ihnen zu zeigen, nicht die letzte Rolle gespielt. Ich habe nach den beiden Briefen, die Sie mir geschrieben haben, damit rechnen müssen, daß ein Mißklang unvermeidlich sein werde. Was ich Ihnen in Siegbrug zu antworten versuchte, war stümperhaft. Das ist nicht verwunderlich; denn mein Buch legt ja keine runde Philosophie vor, sondern will ein Stück Lebenserfahrung und Lebensdeutung in Worte fassen. Es ist daher sowohl in seiner ersten wie auch in seiner zweiten Fassung ohne irgendwelche persönlichen Groll geschrieben - das Denken in pädagogischen "Lagern" ist von uns allen abgefallen wie welkes Laub. An der Stelle des ersten Teils, die Ihren besonderen Widerspruch hervorgerufen hat, versucht das Buch darzustellen, wie sich die große deutsche Pädagogik der Zwanzigerjahre politisch ausgewirkt hat, und wenn diese Seiten Ihnen die Dinge zu verschieben scheinen , so kann es sich m.E. nur um einen Streit hinsichtlich der Wirkung dieser Pädagogik handeln. So jedenfalls stellt sich mir die Sache dar; anders würde ich Ihnen mit sehr schlechtem Gewissen unter die Augen getreten sein. Ich kann mir beim besten Willen nicht denken, daß meine Darstellung das Ansehen des großen pädagogischen Dreigestirns in der Oeffentlichkeit beeinträchtigen könnte. Jedenfalls bin ich in keiner der vielen Diskussionen um das Buch auch nur auf die leisteste Spur einer solchen Abwertung gestoßen.
Bestürzt hat mich Ihre Deutung der Partnerschaft als einer illusionären Idee von einem "Leben in Harmonie". Auch hier kann ich mich Ihren philosophischen Einwänden gegenüber nur auf die Wirkung des Buches berufen: verstanden wird es von denen, die sich dadurch angesprochen fühlen, als ein Weg der Befreiung aus solchen auf ewigen Frieden und auf kampflose Ruhe abzielenden - "idealistischen" - Gesamtkonstruktionen. Das Rèsumè der Partneridee lautet ja auch im Buche selbst (S. 269 der Neufassung) ganz ausdrücklich: "Aenderung des Kampfstils".
Wie ich Ihnen in Siegburg sagte, bestätigen meine Beobachtungen hinsichtlich des Erfolgs des Buches Ihre Vermutung nicht, daß man es als ein Angebot von Frieden, Ruhe, Versöhnung und Entschärfung begrüße. Die Dinge liegen umgekehrt: man liest aus der Partnerschaftsidee eine praktische Ethik heraus, die in den übersehbaren Gemeinschaften reale Verantwortung zu begründen vermag, ohne daß nach einem glatten Aufgahen der Rechnung Ausschau gehalten wird. Der zweite Grund für den unerwarteten Erfolg des Buches scheint mir darin zu liegen, daß der Leser spürt, daß hier nicht alles, was nach 1933 geschehen ist, dogmatisch.renegatenhaft verdammt wird, sondern daß hier jemand schreibt, der unter Hitler in schweren inneren Konflikten jenen für meine Generation son kennzeichnenden "Willen zum Glauben" aufzubringen versuchte und aus der Desillusionierung wirklich gelernt hat.
Es steht mir als dem sehr viel Jüngeren nicht zu, eine Bitte auszusprechen. Aber ich habe die Hoffnung, daß Sie Ihre Ueberlegenheit auch dadurch bekunden werden, daß Sie mir zubilligen, dieses Buch sei nicht geschrieben worden, um recht zu behalten oder andere ins Unrecht zu setzen, sondern um zu helfen. Und weil es wirklich vielen geholfen hat, kann ich mich Ihrer Meinung nicht anschließen, es wäre besser ungeschrieben geblieben, selbst wenn ihm gewisse philosophische Mängel anhaften. Das müssen Sie dann - bitte - der Tatsache zugutehalten, daß ich zu denjenigen gehöre, die zehn Jahre Bildung nachzuholen haben.
In Dankbarkeit und Verehrung
Ihr sehr ergebener
gez. Th. Wilhelm
84 "nicht aberauch" 85 , sinders
VI "nicht so sehr" 16 "nicht vor allem" 74 " auf den Staat"
4 "Sonderfall" 85
11 Krieck
12 "nicht wesentlich"
17 "so reales Wohlwollen" 56 81 "mitb. Kooperationen
18 "friedenstifetend"
25 politischer Prozeß zu ethischen Willen u. Bewußtsein
27 "wahrge. Partneransprüche" 76 "nachbarliche Hilfe"
28 nicht - sondern Zunächst: "Sozialismus"
30 Verstehen höchstwertig 31 Praktisches erkennbar
33 sozial - geistig. "Reich des Sinnes" - tätig - handeln
34 Sozialist des Sinneslebens 46 Macht moralisch moralisch interpretieren "gut <... ...>"
41 ... ist nicht, sondern
98 Gesinnung
50 Wirkungsweisen der Macht
51 Instrument
107 "Primat e Bewusstsein" 108
110 unreflektiertes Handeln; von: Wilhelm, Theodor an: Litt; Ort: Flensburg |