Bestand:Privatarchiv Litt, Theodor
SignaturNA Litt, Theodor B 1-0440
TitelBrief von: Löwith, Karl (Heidelberg) an: Litt
Enthälths; Brief 1 Blatt A5; Briefkopf: Philosophisches Seminar der Universität Heidelberg
Zeitvon1955
Zeitbis1955
BemerkungenDokumentenabschrift: Sehr verehrter Herr Litt, ich möchte Ihnen noch vor Jahresende herzlich für Ihre Gabe danken. Zum gründlichen Studium Ihrer Kritik des Anti-Historismus werde ich freilich erst in den Ferien kommen und dann - mit Schreibmaschine ! - ausführlich darauf zurückkommen. dies: ich begrüsse Ihre Auseinandersetzung sehr und ich wünschte, dass auch meine Heideggerschrift eine öffentliche Diskussion hervorgerufen hätte, was aber nicht der Fall ist, weil sich die und er selbst, sich offenbar zu gut dafür sind. - Sie setzen da >Natur> in Gänsefüsschen, ich die "Geschichte", so wie sie der Historismus versteht. Sie <...> viel inder Nachfolge Diltheys an der Unterscheidung von Natur -er Geisteswissenschaften, wogegen ich das Gesamtverhältnis des Menschen zur Welt im Auge habe und innerhalb <...> das Problem Menschsein + der Geschichte . Es kommt mir deshalb nicht auf das "Ansich" <...> isolierten Geschichte an, sondern auf die Einbeziehung des Menschen und seiner Geschichte in einen kosmologischen (oder theologischen) Rahmen. Der Ausgang von der natürlichen Welt, innerhalb derer es den Menschen + die Geschichte gibt, scheint mir nicht nur natürlichen, sondern auch philosophisch <..lichen> als der vom historischen Bewusstsein, dessen Tragweite bereits von Nietsche in Frage gestellt wurde. Aber selbst bei dem Humanisten Humboldt fand ich erstaunliche Betrachtungen über Natur + Geschichte +) + eine entsprechende Kritik an den idealistischen Geschichtsphilosophen. Nur auf deren Kritik kam es mir an - nicht auf die Arbeit + Denkweise des Historismus. Auch die schwierige und von mir gewis sehr unzureichend behandelte Frg. nach dem Verhältnis vom handelnden Akteur + anonymen "agens" ist ja kein neues Problem, sondern das alte von Freiheit + Notwendikeit. Und ich glaube nicht, dass das Bewusstsein <...> die Fatalität des geschichtlichen Geschehens je verbinden kann, dass die Menschen geschichtlich handeln + entscheiden. dagegen scheint es mir bedenklich zu sein, so zu handeln "als ob" (S. 36) das Schicksal des Universums von uns abhinge. - <... ...> zu beantworten ist für mich Ihre Kritik an meinen der Frage nach dem "Sinn" im Sinne der Erfüllung eines Zieles. Dass alle grossen geschichtsphilos. (Comte - Hegel - Marx) den "Sinn" in Sinne voraussehen scheint mir freilich . Aber um diesen Punkt zu klären muss ich <...> Ihr Herder - Kapitel lesen. Das sollen nun ein paar vorläufige Randbemerkungen sein und ein Zeichen meines Denkens. Mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen im kommenden Jahr grüsst Sie herzlich Ihr Karl Löwith; von: Löwith, Karl an: Litt; Ort: Heidelberg