Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr Kollege!
Ich höre mit besonderer Freude, daß die Philosophische Fakultät Ihrer Universität nicht gesonnen ist, ihre Einheit der weithin üblichen Aufteilung aufzuopfern. Wie viel äußere und innere Nachteile diese Aufteilung mit sich bringt, kann ich an der Universität Bonn in paradigmatischer Form beobachten. Unsere Leipziger Lösung ist mir immer als viel glücklicher erschienen. Leider reichen die Auskünfte, die ich Ihnen erteilen kann, nur so weit wie mein Gedächtnis mich nicht verläßt.
In Leipzig war es so, daß sowohl die geisteswissenschaftliche als auch die naturwissenschaftliche Abteilung einen Dekan wählte, daß aber der Vorsitz der Gesamtfakultät von Jahr zu Jahr zwischen beiden Abteilungen wechslte. Das hatte doch wohl den Vorzug einer größeren Kontinuität in der Geschäftsführung. Beide Obmänner führten den Titel Dekan.
Ich darf vielleicht hinzufügen, daß mit dieser Regelung die Naturwissenschaftler weniger zufrieden waren als die Geisteswissenschaftler, weil sie behaupteten, daß in den gemeinsamen Sitzungen die geisteswissenschaftlichen Mitglieder viermal so viel redeten wie die naturwissenschaftlichen. Selbst wenn dem so sein sollte, bietet nach meiner Überzeugung die Notwendigkeit gemeinsamer Beratung wesentlicher Fakultäts- und Wissenschaftsangelegenheiten ein wesentliches Gegengewicht gegen die immer weiter gehende Aufsplitterung der Universitas Litterarum.
Mit den besten Grüßen
Ihr gez. Litt; von: Litt an: Landgrebe, Ludwig |