Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Sehr verehrter Herr Kollege!
Ich freue mich sehr, dass wir uns nun auf dem Boden einer für uns beide wesentlichen und interessanten Auseinandersetzung begegnen werden. Mit dem intensiveren Nachdenken über den Vortrag werde ich bei meiner Überlastung mit laufenden Geschäften nicht vor Ferienbeginn einsetzen können. Immerhin glaube ich schon jetzt im Allgemeinen Ihre Frage beantworten zu können. Ich werde durchaus auch auf die nicht streng formulierten Ideen der pädagogischen Zeitbewegung eingehen (Arbeitsschule, Gemeinschaftsschule u. dgl.), und zwar sowohl betrachtend als auch kritisch. Eine Vollständigkeit der Übersicht werde ich nicht erstreben, dagegen gewiss herrschende Typen (Logiismus, Kultus des reinen "Inhalts" einerseits - Psychologismus u. Funktionalismus andererseits) herausstellen und zu zeigen versuchen, wie eine gewisse Konsequenz der entscheidenden Richtungen, begründet in ihrer dialektischen Zusammengehörigkeit, bemerklich ist. Den philosophischen Ausdruck dieses Vereinigungspunktes würde ich in einer phänomenologisch unterbauten Kulturphilosophie suchen, die ihrerseits im uniformen Bildungsideal, zumal für die deutsche Bildungswelt wie sie ist, verbieten, wohl aber ein Zusammenspiel, ein Ineinandergreifen und sich wechselseitig anerkennender Bildungstendenzen fordern würde. Ein Minimum auch inhaltlich festgelegter Gemeinsamkeiten wäre damit vereinbar. Und das allgemeine Ethos d. deutschen Bildung möchte ich gern in einer schärferen Betonung der Forderung, der Anerkennung des Objektiven (Hegel.) +) suchen - gerade gegenüber jetzt vielfach gepredigten weichlichen Nachgiebigkeit - auch dies natürlich im Zusammenhang mit der kulturphilosophischen Grundanschauung.
Entschuldigen Sie freundlichst der Charakter dieser Sätze. Das Ganze ist eben noch in . Wenn alles klarer ist, werde ich Ihnen eine Disposition senden; hoffentlich nicht später als Mitte August.
Mit kollegialem Gruss
Ihr ganz ergebener Th. Litt
+) auch des Objektiven in Bildungsplan, Schulform u. dergl.; von: Litt an: Cohn, Jonas; Ort: Leipzig |