Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr Kollege!
Anbei schicke ich Ihnen also den Durchschlag meiner Arbeit über die Kritik der praktischen Vernunft. Ich muß Sie aber bitten, den Zustand des Manuskriptes einschließlich der <...> und der sicher noch vorhandenen Fehler bei Litt freundlichst entschuldigen zu wollen. So wie es jetzt ist, sieht es mehr wie eine Doktorarbeit in Kladde als wie eine Festgabe aus. Aber das mögen die Umstände rechtfertigen.
Sollten Sie Zeit finden, die Sache vorher zu lesen, dann muß ich Sie auch um Nachsicht bitten. Die letzte, abschließende Form hat das Ganze noch nicht. Ich habe die Absicht (so Gott will und wir leben), das gesamte Werk <...> in der angedeuteten Weise zu behandeln. Dabei stand mir im Anfang die Reihenfolge der <...tischen> Schriften noch nicht ganz fest. Ich habe von hinten, mit der R. i. gr. s. bl. V. angefangen, weil der für mich das leichteste war, und befinde mich zur Zeit in den Vorarbeiten für die Analyse des Kr. s. v. V. Es wird aber noch eine Weile dauern, bis dieser Marmorblock zerlegt ist. Sobald ich dann das Ganze übersehe, werde ich doch wohl den einzelnen Schriften wieder ihre historische Reihenfolge geben. Das bedeutet eine neue Überarbeitung der bereits fertig Gestellten, damit Wiederholungen vermieden werden. Die "Ethik" wird dann höchstwahrscheinlich auch noch eine Ergänzung erhalten, da ja bei Kant das Naturrecht mit zu der ausgeführten Ethik gehört. Aber davon weiß ich bis jetzt kaum mehr als die rohen Grundlinien.
Ob ich mit dem ganzen <...> zu Rande kommen, ist mir überhaupt fraglich. Ich muß aber in dieser Zeit als gegengewicht zu dem wechselnden Geschehen des Tages einen solchen festen und großen Plan haben. Sonst halte ich es nicht aus. Das werden Sie verstehen und nicht als Anmaßung ansehen. Wenn ich nicht arbeite, gehe ich vor die Hunde und das will ich nicht.
Nun noch eine Bitte an Sie. Es macht mir Freude, Ihnen einmal wieder, wie in alten Zeiten, ein M.S. schicken zu können, schon damit Sie wissen, wohin meine Seele schwimmt. Aber wenn Sie finden sollten, daß mein Ihrigen weiß.
Meine Bemerkung über Ihre Jugendpsychologie und <...> Pestalozzi sollten Sie auch nicht übel nehmen, haben es ja auch nicht getan. Was Ihre Stellung zum Christentum angeht, so weiß ich sehr gut, daß eine gewisse Zurückhaltung auch daraus entspringen kann, daß man einen sehr hohen Begriff vom rechten Christentum hat, und nicht will, daß er mit der ähnlichen , mit der die Kirche handelt, verwechselt werden soll. das ist auch bei Litt so.
Es wird Sie interessieren, daß in der Kirchenpolitik (von welcher und Gott wie von allen notwednigen Übeln) dereinst erlösen möge, hier in <...> insofern eine kleine Wendung eingetreten ist, als einer von uns (dem ) demnächst als kommissarischer Oberkirchenrat in das Landeskirchenamt einrückt. Er tut es ohne Illussion und wir lassen ihn gehen ohne zu große Erwartungen. Aber wir hoffen doch, daß die Schikanen eine Zeit lang aufhören. !
Nun viele herzliche Grüße und ein warmes Weihnachten in <..trogne sensu>. Ich sitze hier augenblicklich in zwei dicken Decken!!!
Ihr Friedrich Delekat; von: Delekat, Friedrich an: Litt; Ort: Radebeul |