Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Sehr geehrter Herr Professor,
Ihre Karte hatte mich sehr überrascht. Ich war mir nicht bewußt, den Ausdruck technische Seite gebraucht zu haben; die ganze Einstellung liegt mir fern. Nun habe ich nachgeforscht und muß mich geschlagen geben, wenigstens den Schein nach. Ich habe allerdings in Ablehnung der Jüngerschen Anschauungen dabei dessen Ausdruck von der technischen Seite gebraucht und dabei auch von der technischen Seite des deutschen Unterrichts gesprochen. Ich meinte dies im Jüngerschen Sinn und hatte Anführungsstriche gesetzt; diese sind weggeblieben ohne mein Zutun - man kriegt leider bei der "Höheren Schule" keine Korrektur. So läuft allerdings der schiefe Ausdruck hier mit, als ob ich ihn anerkennte. Ich muß also zugeben, daß Sie danach im Recht waren, soweit es mich persönlich betrifft.
Aber ich möchte Ihnen noch einmal sagem, daß Sie mit Ihrer Wertung des Ausdrucks "technisch" den Deutschkundlern nicht gerecht werden. Die Teilung des deutschen Unterrichts in Vermittlung des Schrifttums und seine Geschicke auf der einen Seite, Pflege des mündlichen und schriftlichen Ausdrucks auf der anderen Seite ist alt, mehr oder weniger deutlich zieht sie sich durch die alten Bücher über den deutschen Unterricht, meist in der Teilung: Lektur - Auffsatz (s. etwa Rudolf Lehmann), diese Ihnen befremdliche Teilung darf also nicht den Deutschkundlern angekreidet werden. Wenn diese sie übernommen haben, so geschah es um der Klärung willen: heir die Pflege des mündlichen und schriftlichen Ausdruckes als die ganz besondere Aufgabe des deutschen Unterrichts, dort die anderen Aufgaben. Die Deutschkundlichen, die sich mit den Aufgaben anderer Fächer berühren und erst im zusammenwirken mit ihnen ein Ganzes geben können. (Daß beide Aufgaben des deutschen Unterrichts sich freudig berühren, war früher so und ist auch heute noch so.) Sie folgern nun aus der Ihnen befremdlichen Teilung und aus dem - strittigen - Asudruck technische Seite etwas, was - <...> Ihnen schon Kerschensteiner sagte - nicht drinliegen muß und was entschieden nach unserer Meinung nicht drinliegen soll. So wäre ich dankbar, wenn Sie bei einer Neuauflage noch einmal überprüften, ob Ihre Beweisführung wirklich trifft.
Mit besten Empfehlungen
Ihr sehr ergebener
W. Hofstaetter.; von: Hofstaetter, Walther an: Litt; Ort: Dresden-Blasewitz |