Bestand:Privatarchiv Litt, Theodor
SignaturNA Litt, Theodor B 1-0354
TitelBrief von: Hoffmann, Eva (Lützschena b. Leipzig) an: Litt
Enthälths; Brief 1 Blatt 20,1 x 26,5 cm
Zeitvon1954
Zeitbis1954
BemerkungenDokumentenabschrift: Sehr verehrte, liebe alte Freunde, so viele Tage schon liegt Ihr freundliches Weihnachtspäckchen hier, und es ist nicht gelungen, Ihnen vor dem Feste einen Dankesgruß zu schreiben. Es ist so rührend nett, daß Sie uns bis heute nicht vergessen haben und daß die liebe Frau Litt auch immer daraufkommt, mit etwas nachzuhelfen, was man sich hier immer noch gerne schenken läßt - auch wenn alles viel besser bei uns geworden ist, als es lange war. Und zu unserer Ehre wiederum muß es gesagt sein, daß die Erinnerung an Sie - auch wenn Sie in den letzten Jahren für uns zum Spender materieller Freuden geworden sind - für immer verknüpft ist und bleibt mit den höchsten und schönsten Geistesfreuden, die persönliche Begegnungen schenken können, und das verblaßt nie und hat nie ein Ende ... Beinahe hatte ich die Hoffnung diesen Sommer, dem Herrn Professor in Gastein zu treffen, wohin ein Trip von meinen Heidelberger Freunden geplant war, bei denen ich, seit es möglich ist, immer meine Ferien, sehr glückliche Ferien, verlebe. Der Plan kam dann aus naheliegenden Gründen nicht zur Realisierung. Doch war ich einige Zeit im Wildbad und habe einen kaum gehofften Segen davon getragen. Denn wenn schon eine Arthose wie die meine <...> ganz geheilt werden kann, so ist es doch schon viel wert, wenn Neben- und Folgeerscheinungen gebessert oder aufgehalten werden, und so war es bei mir, die ich das ganz Jahr eigentlich bis zur Reise von Nacherscheinungen der schlechten Venenentzündung geplagt war, die ich um die Jahreswende durchgemacht hatte. Wenn ich auch nicht mit Familie Litt konkurrieren kann, die mühelos einen Gipfel nach dem anderen stürmt, so habe ich doch einen Teil wenigstens meiner früheren Beweglichkeit durch diese kur zurückgewonnen und bin sehr froh darum. Im übrigen glaube ich, wird es leider von Jahr zu Jahr schwerer für uns Ostleute, uns ohne Empfindlichkeit auf der einen oder anderen Seite in der westlichen Welt zu bewegen. So lange man unter Freunden ist, spürt man es wohl - (noch?) - nicht, aber allein unter Fremden, doch schon sehr. Wenn einem nicht im Lauf der letzten harten 10 Jahre solch dickes Fell gewachsen wäre - ich wäre verletzt gewesen bis zum Weinen, wenn man sich angesprochen hört: "Ja, haben Sie sich auch einmal überlegt, was uns das kosten wird, bis wir Sie wieder herangeführt haben an unser Niveau? Was wir da hineinstecken müssen?! Ja." trotzdem waren es glückliche Tage. Schon wegen der Lesemöglichkeiten: Zeitungen, Zeitschriften, Bücher. Die Zeit ist immer zu kurz. Lange, lange habe ich nichts von Ihnen gehört. Auch nicht von 3. Seite. Frau Schmitthenner war einmal hier, auch Frau Schier. Was macht der junge Herr? Niemand hat Sehnsucht nach Leipzig. Auch meine Heidelberger Freunde kann ich nicht bewegen, einmal herzukommen, obwohl alles dauernd auf großen Reisen ist und Entfernungen gar keine Rolle spielen. Wenn ich das bei meiner Arbeit hier haben könnte: eine größere Beweglichkeit, mehr Ferien, ganz einfach ausgedrückt, wäre ich sehr dankbar. Aber die Arbeit, die einem aufgepackt wird, vermehrt sich nur immer, und es müßte da eigentlich Grenzen geben, wenn man will, daß sie gut getan sein soll. Ich habe nunmehr die ganze Ausbildungsleitung im Betrieb in der Hand - erst nur die Erwachsenenbildung, dann die Praktikanten dazu, seit 1. Nov. auch die Lehrlinge. Das ist sehr schöne Arbeit für mich, aber man müßte viel mehr Zeit haben, sich mit den Einzelnen abzugeben. Und nun stehen dagegen schon wieder neue Zusammenlegungen von Posten bevor, um die Rentabilität der Betriebe zu erreichen. Im "sozialistischen" Staat! - Viele, viele Grüße und schönster Dank von Gottfried und mir. Wir wünschen Ihnen allen 3 ein gutes und erfolgreiches 1955. Wie Dinge liegen, können wir uns leider nicht viel versprechen hier. Voriges Jahr hatten wir noch mehr Hoffnung .... Stets Ihre getreue und dankbare Eva Hoffmann; von: Hoffmann, Eva an: Litt; Ort: Lützschena b. Leipzig