Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Sehr verehrter Herr Litt!
Das Ihrem Brief beigegebene Schriftstück stellt in der tat einen Rekord an Unerfreulichkeit dar, und ich kann mir daher nicht vorstellen, daß es echt ist. Ich habe mich im Kriege öfter mit Jordan unterhalten und ihm immer in der freimütigsten Weise meine Meinung über die NSDAP und die bevorstehende Niederlage zu erkennen gegeben, so daß Jordan, wenn er hätte denunzieren wollen, dazu in meinem Fall die reichste Gelegenheit gehabt hätte. Ich kann mir also nicht vorstellen, daß Jordan den bewußten Brief geschrieben hat. In seinen Veröffentlichungen hat Jordan gelegentlich kleine Verbeugungen gegenüber der Parteilinie gemacht, und er ist wohl auch schließlich Mitglied der Partei und SA-Rottenführer gewesen. Ich habe dies aber nie als ein größeres verbrechen angesehen als die Tatsache, daß ich selbst gelegentlich ein paar Mark an die NSV gezahlt habe. In anderen Worten: ich halte nach wie vor für unmöglich, daß Jordan den Brief über Dingler geschrieben hat, aber natürlich kann ich mich täuschen, und wir alle haben wohl im Laufe der letzten Jahrzehnte gelegentlich bittere Erfahrungen auf dem Gebiet der Menschenkenntnis gemacht. Jedenfalls hat Dingler nach meiner Erinnerung in einer sehr unerfreulichen Weise den politischen Fahrwind der NSDAF für seine philosophischen Ansichten mißbrauchen wollen. Das Corpus delicti lege ich diesem Brief wieder bei in der Hoffnung, daß Sie nur noch selten mit solchen unerfreulichen Fragen zu tun haben, und bin
mit vielen Grüßen
Ihr
gez. W. Heisenberg
Anlage; von: Heisenberg, Werner an: Litt; Ort: Göttingen |