Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr Grüters!
Der fragliche Entwurf ist mir nicht zugeschickt worden, wofür ich wegen akuter Zeitbedrängnis sehr dankbat bin. Immerhin lässt sich aus Ihren Glossen im Wesentlichen erkennen, was darin steht. Mit dem darin liegenden Vorbehalt kann ich erklären, dass ich fast mit allen Ihren Bemerkungen übereinstimme. Aus ihnen spricht der Prüfungsvorsitzende, der seine Pappenheimer (so wohl die prüfenden als auch die zu prüfenden) gründlich kennen gelernt hat. Ein Zweifel regt sich nur auf S. 2 Mitte "alle gegenstände usw." Ich möchte sagen, der Student soll schon in der Studienzeit dahin gebracht werden, keine Gegenstände auch "unter dem Gesichtspunkt der .... Brachbarkeit" zu betrachten, wofür natürlich Voraussetzung sit, dass er sie auch anders zu sehen gelernt hat. Die Forderung ist um so wichtiger, als sie auch an den akad. Lehrer ergeht.
Völlig ihrer Meinung bin ich in Bezug auf das Latein. Nicht nur deshalb, weil man bei Festhalten an der Forderung nicht genug Lateinlehrer kriegen wird. Was müssen die hochmittelalterlichen Scholastiker für miserable Latinisten gewesen sein, da sie nicht Griechisch konnten! Gewiss, sie schrieben scholastisches, nicht klassisches Latein, aber die Zucht dieser Sprache haben sie bestimmt an sich erfahren. Von der Verbortheit mancher Hummanisten habe ich ja jüngst bei einer Münchener Tagung überzeugende Proben erhalten. Z.B.: die Tugend der kann man nur an der Quelle, bei Platon und Aristoteles, erwerben. Ich habe die Herren gefragt, wo den eigentlich im Jahre 1933 bei den humanistisch Gebildeten diese Tugend gewesen sei.
Nun Ihre zweite Frage. Martin kommt nach Bonn. Seine Vorlesungen sind bestimmt zu empfehlen. Ein sehr schwaches Licht ist der katholische Philosoph Rüfner. Didaktisch geschickt ist sicher Funke. Abzuraten ist von Feldmann, der eine ausgesprochene Niete ist (allerdings prüft er!) Gut wird sicher Roessler sein, der auch die Schule genau kennt.
Ich hoffe, Ihre Tochter zu sehen. Von unserem häuslichen Leid, das es unmöglich macht, sie einzuladen, wissen Sie.
Herzliche Grüsse Ihnen und Ihren Lieben! Ihr Th. Litt
Die politischen Sorgen, von denen Ihr letzter Brief schreibt, teile ich. Die "Aushöhlung" ist in vollen Gange!; von: Litt an: Grüters, Otto; Ort: Bonn |