Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Hochverehrter und lieber Herr Kollege!
An Allem, was Ihnen Anerkennung und Ehrung einträgt nehme ich lebhaften kollegialen Anteil. So auch an dem Rufe, der Ihnen aus Frankfurt zu teil geworden ist. Nach der anderen Seite freilich wurde ich beim Lesen dieser Nachricht sofort mit großer Sorge erfüllt. So schwer auch das Gewicht von Leipzig in die Wagschale fällt, so so sagte ich mir doch: möglich ist es immerhin, daß Kollege Litt durch irgendwelche Gründe derart nach Frankfurt gezogen wird, daß Leipzig im Wettkampf des Für und Wider unterliegt! Ich möchte Ihnen daher zum Ausdruck bringen, in welch hohen Maße ich es beklgane würde, wenn Frankfurt Sie uns entführte. Ich brauche Ihnen wahrlich nicht erst zu beteuern wie hoch ich Ihre Lehrtätigkeit an unserer Universität einschätze. Nach beiden Seiten, der philosophischen wie der pädagogischen, bieten Sie Ihren Hörern - zudem in vollendeter Rede - so Ausgereiftes und Tiefdurchdachtes, daß ich in der Tat nicht wüßte, wer auch nur mit einigem Rechte an Ihre Stelle treten könnte. Auch haben Sie dem der Lehrer gegenüber die Sache der Einsicht und Mäßigung in einer Weise vertreten, daß wir Ihnen nicht dankbar genug sein können. Schon nach kurzer Zeit hatten Sie sich in der Fakultät eine angesehene Stellung erworben, und bei zahlreichen Gelegenheiten hat Ihnen die Fakultät zu erkennen gegeben, welches Gewicht sie auf Ihren Rat und Ihr Eintreten für die jeweilige Sache legt. Und auch bei den Studierenden haben Sie sich einen fruchtbaren und weit umfassenden Wirkungskreis zubereitet. Ich stehe mit dieser Bewertung Ihres Wirkens bei uns sicherlich nicht allein da, sondern ich gebe nur dem, was allgemeine Überzeugung und Stimmung ist, Ausdruck. Zweifellos wird Ihnen dies Alles vor Augen stehen bei den Erwägungen und Abschätzungen, die im Gefolge des an Sie ergangenen Rufes bei Ihnen eintreten müssen. Und so hoffe ich denn zuversichtlich, daß Sie der Unsrige bleiben werden. Hier ist für Sie Alles in gutem Fluß und Fortgang. Bleiben Sie, lieber Herr Kollege, der Stätte getreu, wo Sie jetzt so segensreich wirken! ---
Und nun eine persönliche Bitte! Würden Sie und Ihre verehrte Gattin mir die Freude machen, nächsten Sonntag (13. März) bei mir den Kaffee (4 1/2 Uhr) zu trinken? Hoffentlich kommt diesmal nichts dazwischen.
Vielleicht geben Sie telephonisch (12154) Antwort!
Mit ergebenen und herzlichen Grüßen
Ihr
Johannes Volkelt; von: Volkelt, Johannes an: Litt; Ort: Leipzig |