Bestand:Privatarchiv Litt, Theodor
SignaturNA Litt, Theodor B 1-0240
TitelBrief von: Spranger, Eduard (Tübingen) an: Litt
Enthälths; Brief Doppelblatt 17,4 x 19 cm
Zeitvon1955
Zeitbis1955
BemerkungenDokumentenabschrift: Lieber Freund! Der große Tag ist ganz nahe und erfüllt mich mit froher Empfindung. Nur eine Trübung ist für mich dabei, nämlich: daß ich am 27.12. nicht nach Bonn kommen kann. Dem Feiertagsverkehr bin ich nicht mehr gewachsen; auch nehme ich jetzt wieder die angreifenden Mittel. Wir müssen dann eine Nachfeier halten. Herr Dr. Roeßler wird an Stelle von Schmeil und mir das Buch über- reichen, und Sie werden den Scherz nachsichtig mitmachen. Aus dem Buch werden Sie auch erfahren, was Sie wert sind. "Es ist immer ein furchtbarer Augenblick", sagt Goethe ungefähr, "wenn ein junger Mann im Begriff steht, über sich selbst aufgeklärt zu werden." Näheres über Ihren Lebenslauf erfahren Sie abends um 22.45 durch den Südfunk. Das ist aber mehr für die äußere Welt. Wenn Sie um die angegebene Zeit ein gutes Glas Wein vor sich haben, sollten Sie nicht aufstehen, um auch nur den Knopf zu drehen. Es gibt noch eine dritte Stelle, an der etwas gesagt wird, aber nur ganz leise und nur zwischen uns beiden. Eigentlich ist es von meiner Seite nur das Eine Wort "Dank", und dieser Dank gilt der Fülle von Gutem, das durch Sie in mein Leben ge- kommen ist. und Jahr für Jahr kommt. Wollte ich ins Einzelne gehen, so ließe sich da kein Ende finden. Zwischen Männern bleibt die größte Freude und das tiefste Leid unausgesprochen. Lassen Sie mich auch heute nur sagen: "Ich weiß, was hinter all dem Festesglanz liegt:" Drei Begegnungen aber rufe ich Ihnen aber heute doch in Erinnerung: die auf der Brücke in Saarbrücken, die zu vieren in Wittenberg Ende 1944 und die im Hotel Atlantic in Baden-Baden. -- Lassen Sie uns nun auch so weiter gehen: ein bißchen asthmatischer, ein Gläschen Wein weniger und ein wenig behinderter in der Jasperschen Kommunikation auf beiden Seiten! Was der liebe Gott mit unsrer Gemeinsamkeit vorgehabt hat, das hat er vollendet, und ich begehe Ihren Fest- tag in stiller Andacht. Ich grüße von Herzen Ihre liebe Frau, in Dankbarkeit für alles, was sie für Sie, lieber Freund, gelebt und gelitten hat. Und meine Frau darf sich nun auch in das Glückwünschen einmischen. Denn zum Glückwünschen dieses ungelenken Briefes lassen Sie mich sagen: "Wir vier feiern am 27.12. in stiller Ergriffenheit von dem Übergütlichen, das durch Glück und Leid hindurch- greift." Wir fünf - denn natürlich ist Herr Rudolf mit eingeschlossen, der es mir erlauben wird, daß ich ihn im Augenblick wieder so sehe, wie ich ihn in der Beethoven- str. zuerst gesehen habe. Genug! Lassen Sie sich nur nicht erdrücken von der Liebe, die am 27.12. zu Ihnen drängt! Gehen Sie alle gesund in das Neue Jahr! Ihre Eduard und Susanne Spranger Wir sind zwischen 27. und 31.12. nicht hier (Wolfach, Hotel Krone).; von: Spranger, Eduard an: Litt; Ort: Tübingen