Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Freund!
Bei der Vierhundertjahrfeier des Gymnasiums in Bonn
habe ich mal wieder einen unserer bekannten
pädagogischen Monstrevorträge gehalten. Gestern
in der Bahn habe ich mir die Freude gemacht,
Ihr neues Buch in <...> zu studieren.
Es ist wesentlich verstänlicher geschrieben, als die
meisten Ihrer anderen Schriften, von ebenso glän-
zend im Aufbau und in der Formulierung.
Ich glaube, abgesehen von unserer schon erörterten
abweichenden Auffassung über das Wesen der
Naturwissenschaft, daß Sie die gegenwärtige Lage
durchaus zutreffend geschildert haben. Und diese
Lage ist identisch mit unserer "geistigen Kon-
stitution". Noch überlege ich, ob nicht bei näherer
Beschäftigung mit dem, was Sie Metaphysik
nennen, doch noch ein wenig mehr geschehen
kann, die der Wissenschaft weiter
hinauszustecken. Über diese Fragen habe ich
mit dem Juristen eben eine
sehr lehrreiche Korrespondenz gehabt. Der Vertreter
an einzelnen Geisteswissenschaft braucht eben doch
noch einige konkrete Anweisungen, was Objekti-
vität für ihn bedeutet. Interessant und will-
kommen war es mir, Daß Sie den <...>
Erfolg der Wissenschaft durch den Mythus als eine
romantische Selbsttäuschung ablehnen. Darf ich
Sie auf eine Kleinigkeit aufmerksam machen:
Sie berühren im Anfang das Thema Bildung,
speziell "akademische Bildung", aber Sie nehmen
es zum Schluß nicht wieder auf. Nun kann sich
der Leser die Resultate ja selbst sagen, und
der Ausklang erlaubt keinen Anhang
dieser Art. Aber in einer neuen Auflage
könnten Sie vielleicht doch vor dem Schluß-
kapitel die Folgerungen ziehen. Es ist nämlich
die Gefahr, daß man Ihre Ausführungen im
Sinne von
S.10 Z.5 das
S.102 Z.4 vorfinden
S.125 Z.3 r. unten je
S.135 Z.4 vor
(Gueintus Fixlein.)
Vom Berliner Lehrerverein höre ich, daß Sie
hier 3 Vorträge halten werden. Ich würde sie
sehr gern hören und Sie dannach persönlich ein
wenig genießen. Seit Saarbrücken haben wir
uns nicht gesehen. Aber ich bin vom 13.X.-26.X.
auf Vortragsreisen. Bliebe also nur der 2.XI.
Nun müßten wir aber einmal eine Herausgeber-
konferenz haben. Ich habe in mit
Flitner 2 1/2 Stunden über seine schwere Zu-
kunftsentscheidung gesprochen. Vielleicht kommt
er auf dem Wege nach Cassel am 3.X. hierher.
Hätten Sie etwa auch Zeit? Eigentlich ist die
ganze Sache ja noch nicht spruchreif, ohne nicht
feststeht, wohin Flitner geht. Aber er wollte
sich bis dahin entscheiden.
Ich habe Anfang August bei einem
Ferienkursus in München mitgewirkt und
das Zusammensein mit Kersch. sehr genossen.
Aber die 3. Stimme in unserem Terzett fehlte.
Der arme Aloys Fischer ist <...> <...>.
Dann war ich in Mittwald und in Partenkirchen.
Aber mein nervöses Darmleiden bin ich trotz
sonst guter Erholung nicht losgeworden.
Jetzt stehe ich vor Bergen von Arbeit, die nur
durch Zehnstundentage zu schaffen sein werden.
Über Sie und die lieben Ihrigen hoffe ich später -
<...> am 2.XI. Näheres zu hören. Es geht
ja wohl, bis auf die arme Irene, wesentlich
besser.
Zum Schluß vielen <...> auch für das, was Sie mit Ihrem Buch wieder gegeben haben,
und die schönsten Grüße an Ihre hochverehrte
Frau Gemahlin und Sie selbst.
Ihr getreuer
Eduard Spranger.
Sondag und Frau traf ich in Seefeld.; von: Spranger, Eduard an: Litt; Ort: Berlin-Dahlem |