Bemerkungen | Dokumentenabschrift: Lieber Herr Litt!
Da wir uns vor Ihrer Abreise kaum noch treffen werden, so möchte ich mich auf diesem Wege von Ihnen verabschieden und Ihnen noch kurz einiges sagen.
Zunächst liegt es mir in meinen verschiedensten Eigenschaften innerhalb der Standesvertretung ob, Ihnen aufs herzlichste zu danken, für den lebhaften Anteil, den Sie an all unseren Bestrebungen genommen haben. Sie sind keiner von denen, die das nochmal im einzelnen aufgezählt haben wollen. Es genügt Ihnen, wenn ich Ihnen versichere, dass die Art Ihrer Beteiligung der Sache im höchsten Masse dienlich war, und dass wir infolgedessen Ihre Mitarbeit in Zukunft schmerzlich vermissen werden. Insbesondere für die Kammer, die ja erst noch werden muss, hatte ich mir viel von Ihrer Mitwirkung versprochen.
In der gestrigen Vorstandssitzung des Bonner Philologenvereins konnte ich zu meiner Freude feststellen, dass diese Stimmung der Dankbarkeit Ihnen gegenüber allgemein ist und also ebenso lebhaft der Wunsch, dieser Stimmung Ausdruck zu verleihen. Leider lässt sich das aus Zeitmangel nicht in der Form einer Abschiedssitzung machen. Einstimmig wurde dann aber beschlossen, Sie zum Ehrenmitglied zu ernennen. Die förmliche Ernennung muss freilich noch durch die Mitgliederversammlung geschehen; da aber der Ausgang dieser Abstimmung nicht zweifelhaft ist, so teile ich Ihnen diesen Beschluss des Vorstands - wenn auch mehr oder weniger vertraulich - heute schon mit, weil ich glaube, dass es Ihnen doch vielleicht eine kleine Freude ist, diesen Abschiedsgruss mitzunehmen.
Und nun komme ich - trotz bester Vorsätze - doch noch einmal mit den "Schulfragen der Gegenwart" ! Der Gedanke der Sammlung, Nichfachleuten Gesichtspunkte und Unterlagen zu liefern, findet grossen Anklang, und das stärkt in mir die Hoffnung, wirklich erste Mitarbeiter zu finden. So habe ich in den letzten Tagen Zusagen bekommen von Cauer: Die Bedeutung des altsprachlichen Unt. für die politische Erziehung, Norrenberg: voraussichtlich über die kollegiale Schulverfassung, Neuendorff: Schulgemeinde und Maier: Der Geschichtsunterricht im neuen Deutschland. Können Sie verstehen, wie sehr ich es da bedaure, dass in dieser Reihe nicht auch Ihr Bändchen über die Einheitsschule aufmarschiert! Und wenn Sie das verstehen, dann werden Sie es mir nicht verdenken, wenn ich einen letzten Versuch mache: vielleicht finden Sie trotz allem die Zeit zur Niederschrift! Es kostet Ihnen doch höchstens einen Nachmittag. Und die aufklärende Wirkung eines solchen Bändchens kann doch eine grosse sein.
Leben Sie wohl und kommen Sie bald wieder ! Mit den besten Wünschen Ihr
Fra. Jungbluth; von: Rheinische Philologenkammer, Fra. Jungbluth an: Litt; Ort: Godesberg - Viktorshöhe |