Bestand:Privatarchiv Litt, Theodor
SignaturNA Litt, Theodor B 1-0461
TitelBrief von: Wilhelm, Theodor (Flensburg) an: Litt
Enthältms; Brief 1 Blatt A4; als Briefkopf Stempel: Prof.Dr.phil.Dr.jur. Th. Wilhelm, Flensburg - Mürwik, Pädagogische Hochschule
Zeitvon1953
Zeitbis1953
BemerkungenDokumentenabschrift: Sehr verehrter Herr Professor Litt! Erst jetzt habe ich Ihren Berliner Vortrag in Ruhe lesen können. Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen nicht nur für die Zusendung verbindlichst danke, sondern auch meinem Empfinden Ausdruck gebe, daß wir im Grunde am selben Strange ziehen. Sie haben immer wieder eingewandt, meine Partnerschaftsthese trage der Schärfe der Spannungen, die das politische Leben bestimen, nicht genügend Rechnung. Ich würde nach der Lektüre Ihres Vortrags sagen: sofern die "Partnerschaft" den Blick für das konfliktgeladene Wesen des Politischen überhaupt frei läßt, - und das tut sie -, ordneet sie sich ganz zweifellos ein in die Reihe der Kämpfer für die Neubewertung bzw. Wiederaufwertung des Politischen. Und diese Front erscheint ja auch Ihnen die entscheidende. Ich kämpfe gegen die Verächter des Politischen, Sie gegen die Verächter des Staates. Wer sich für die Wiederaufwertung des Politischen einsetzt, tut der Kräftigung des Staatsbewußtseins jedenfalls keinen Abbruch. Daß ich mit der Beschwörung der "Staats"-Idee vorsichtiger bin, beruht vielleicht wirklich auf einer Erfahrung der "Generation der Mitte": ich halte es für die größere Gefahr, daß sich das deutsche Staatsbewußtsein allzu schnell aus den absoluten Bewertungen der Vergangenheit restaurieren könnte, und bin der Meinung, wir sollen die Frage nach der "Gestalt" des Staates ruhig einmal auf sich beruhen lassen und uns zunächst einmal Schritt um Schritt an das Politische heranarbeiten auf derjenigen Ebene, wo wir es alle täglich mit Händen greifen. Sehr zu danken habe ich Ihnen für die Bemerkungen über "Freiheit". Im Zusammenhang mit unserer Ueberlieferung kommt wohl auch noch der Erkenntnis Bedeutung zu, daß, so wenig Freiheit und Zwang sich widersprechen, so wenig das Empfinden für echte ("menschliche") Freiheit dort gedeihen kann, wo man die wesentlichen Werte einzig und allein im Raum des Absoluten aufsucht. Mit verbindlichen Empfehlungen und herzlichem Dank Ihr sehr ergebener gez. Th. Wilhelm; von: Wilhelm, Theodor an: Litt; Ort: Flensburg